Wenn es einen Stopp auf unserem Roadtrip gibt, dem man einen ganzen Blogeintrag alleine widmen sollte, dann der Lamington Nationalpark im Bundesstaat Queensland. Nirgends haben wir bisher so viel geflucht und gleichzeitig so viel Spaß gehabt, wie dort.
Es ist Freitag. Müde und geschafft vom unfreiwilligen Gold-Coast Spaziergang des Vorabends (wir haben 1,5 Stunden zum nächsten Supermarkt gebraucht) packen wir unsere Sachen zusammen. Surfers Paradise – eine Stadt mit riesigen Hochhäusern direkt am Meer, hat uns irgendwie enttäuscht, wie im Bericht zuvor erwähnt. Peter hat im Internet einen Nationalpark in der Nähe gefunden, dessen Bilder auf Google wirklich viel versprechen. Online buchen wir für 6,35$ pro Nase eine Übernachtung auf einem Campingplatz direkt im Park und fahren los. Als wir Surfers Paradise verlassen und auf die „Nationalpark-Road“ abbiegen, steht am Straßenrand ein Warnschild. „Straßen überflutet – nur 4WD zugelassen“. Klingt nach einer super Test-Fahrt für unser Auto Mitzi. Noch belächeln wir das Schild, schließlich hatten wir die letzten Tage immer um die 25 Grad im Schatten und strahlend blauen Himmel.
Das Navigationssystem zeigt 49 Minuten Fahrt für 20 Kilometer an. Nach etwa 10 Minuten stehen wir vor einer Stelle, an der eigentlich eine Brücke sein soll. Stattdessen sehen wir nur einen reißenden Fluss und am anderen Ufer die weiterführende Straße. Markierungen am Rand zeigen an, wie tief das Wasser ist. 40cm. Dürfte machbar sein. Wenige Sekunden später sehen wir den Fluss im Rückspiegel, Mitzi hat’s also geschafft.
Danach geht es nur noch Berg auf. Die Kurven werden mit Warnschildern angekündigt. Teilweise ist die Straße so eng, dass nur ein Auto durchpasst. Wir können maximal 30kmh fahren, weil alles andere zu gefährlich wäre. Bei einem 3,5 Liter Motor frisst das ganz schön viel Benzin! Die Landschaft und das Wetter verändern sich. Wir sehen Pflanzen, die man sonst nur aus dem Fernsehen kennt. Der Straßenrand ist so dicht bewachsen, dass wir das Licht anmachen müssen. Der Handyempfang verabschiedet sich. Zum Glück funktioniert unser Navi auch offline. Naja, eigentlich ist das die einzige Straße dort hoch, wir können uns gar nicht verfahren. Es kommt uns ein Campervan entgegen, was uns Hoffnung gibt, bald da zu sein. Mittlerweile regnet es in Strömen, man spürt die Feuchtigkeit sogar im Auto. Oben angekommen finden wir eine richtig schöne Campinganlage vor. Es gibt ein Gasthaus, ein Cafe, eine extra Wiese für Zelte und einen schmalen Weg mit Nummerierten Stellplätzen für die Camper-Wagen. Überall hüpfen Wallabies herum, eines davon sogar mit Kind im Beutel.
Als wir in unsere gebuchte Campsite Nummer 7 fahren wollen, steht da bereits ein weißer Camper drin. Da Peter der Fahrer ist, muss ich aussteigen und durch das Pisswetter zu dem fremden Wagen laufen um festzustellen, dass niemand drin sitzt. Na toll. Wir stellen unser Auto auf einen Parkplatz und laufen zum Gasthaus um uns zu beschweren. Der nette Mann an der Rezeption erläutert uns, dass er für den Campingplatz nicht zuständig ist und gibt uns eine Nummer, bei der wir anrufen sollen um einen andere Campingsite zu bekommen. Nach dem 4. Versuch geben wir auf. Mitlerweile sind 3 Stunden vergangen und wir beschließen, nochmal am Auto vorbeizuschauen. Die Leute sind wohl immernoch auf Wanderschaft und haben nicht geplant, heute auszuchecken. Im Gebäude der Park-Information sitzt eine ältere Dame, ihr Name ist Ann. Als wir zu Ihr gehen, weiß sie bereits von unserem Problem. Sie schreibt uns einen Zettel, den wir an die Windschutzscheibe des Fahrzeugs hängen sollen, welches unseren Platz belegt. In der Zwischenzeit sollen wir einen Wanderweg laufen, an dessen Ende ein wunderschöner Wasserfall sein soll. Zeit: 2 Stunden. Bei dem Wetter. Na gut. Für den nächsten Tag zeigt sie uns auch gleich einen Wanderweg, den wir, in Ihren Worten auf deutsch übersetzt „uuuuuuuuuuuuuunbedingt machen müssen, wunderschön, wunderschön“.
Also fahren wir noch einmal bei den Falschcampern vorbei, um den Zettel ans Auto zu hängen. Da öffnet sich doch tatsächlich eine Tür! Wir erklären Ihnen höflich, dass wir nun schon seit 3 Stunden darauf warten, dass die beiden den Platz räumen, und dürfen zum Dank nochmal 30 Minuten warten, weil sie noch gemütlich ihr zubereitetes Mittagessen fertig schnabulieren. Toller Start.
Nachdem wir dann doch endlich mal unser Auto auf unsere Campingsite abstellen konnten, beschließen wir, den weg von der Dame an der Information doch noch zu laufen. Wir haben schließlich Regenjacken dabei und sind ja nicht aus Zucker. Nachdem wir nun schon in den Blue Mountains waren, müssen wir zugeben: so toll ist der Weg nicht. Es ging 6,2 Kilometer durch den Wald. Baum an Baum, Pflanze an Pflanze. Und zum Schluss einen Wasserfall, den man sich aus 600 Metern Entfernung angucken kann. Den gleichen Weg geht es dann wieder zurück.
Wieder am Auto angekommen sind wir beide schon leicht gereizt. Das soll es nun gewesen sein? Dafür sind wir diesen doofen Weg hier hoch gefahren?
Als wäre das nicht schon genug, geht uns beim Nudeln kochen auch noch das Gas aus. Top vorbereitet, wie wir sind, haben wir nur Lebensmittel dabei, für die man den Gaskocher braucht. Und trockenes Toast. Das darf doch nicht wahr sein! Die Sonne geht gerade unter und in Australien ist es Nachts richtig dunkel. So dunkel dunkel. Und im Regenwald sowieso. Man sieht die Hand vor Augen nicht. Wir sind durchnässt, unterkühlt und richtig schlecht gelaunt. Und hungrig. Wir beginnen, uns bei sämtlichen Leuten durchzuschnorren. Niemand will uns helfen. Das Café hat schon zu, der Mann im Gasthaus ist nicht gerade hilfsbereit (wie wir ja von unserem Problem bei Ankunft schon wussten) und die Camper sind alle schon in Ihren Autos. Die Information ist eigentlich auch schon längst geschlossen, aber es brennt noch Licht. Ann ist unsere Rettung! Eine Küche hat sie zwar nicht, aber sie bietet uns Ihre Mikrowelle an. Nudeln kochen in der Mikrowelle funktioniert! Wir haben es ausprobiert. Leider, aber passend zum Tag, waren die Nudeln während der Suche nach Hilfe schon zu lange im Wasser. Unser Abendessen ist nun also Nudelmatsche. Jammi. Jetzt haben wir entgültig genug von diesem Tag und legen uns ins Bett. Der Innenraum des Autos ist mittlerweile auch auf gefühlte 5 Grad abgekühlt und feucht. Eine unangenehme Nacht ist vorprogrammiert.
Der Nächste Tag soll anders werden. Als wir morgens aufwachen, tropft es von den Bäumen. Es ist zwar dicht bewachsen, aber ein man kann Lichtstrahlen erkennen. Oh mein Gott, die Sonne scheint! Schnell schmeißen wir uns zwei trockene Toast’s mit Nutella rein, ziehen uns unsere Wanderschuhe an und stiefeln los. Der Walk, den uns Ann von der Info vorgeschlagen hat, will gelaufen werden. 16,5 Kilometer, 6 Stunden, viele Wasserfälle. Na hoffentlich wird der besser als gestern.
Als wir loslaufen sind wir nicht die einzigen auf dem Weg. Vor uns eine Familie, hinter uns eine asiatische Frau um die 20, noch weiter dahinter ein weiteres Pärchen – wir glauben es sind auch deutsche. Die Karte von Ann haben wir natürlich im Auto vergessen, aber wir haben die Route und Namen der Wasserfälle im Kopf. An der ersten Kreuzung geht die Familie nach rechts, die asiatische Frau ganz euphorisch nach links. Oh neee. Wir entscheiden uns für den Weg nach rechts, weil wir meinen von dort unten Wasser zu hören. Das ist ja schließlich das, weshalb wir hier sind. Und wir sollen Recht behalten. Nach nur 2 Minuten offenbart sich uns schon der erste kleine Wasserfall. Er ist wunderschön, und dadurch, dass es am Vortag so viel geregnet hat, ist er richtig mächtig. Ann hatte uns schon vorgewarnt, dass aufgrund des Wetters die Flussüberquerung eventuell sehr schwierig werden könnte und man eventuell seine Schuhe ausziehen muss. Viele der Wanderer drehen hier schon um. Wir verstehen es nicht und gehen weiter. Unsere Schuhe sind Wasserdicht. Das ist das letzte Mal, dass wir auf dieser Strecke Menschen sehen.
Der Weg ist ein kleiner schmaler Pfad, der sich serpentinen-mäßig einen Berg hoch schlängelt. Vorbei an unzähligen, wunderschönen Wasserfällen und Buchten, interessanten Pflanzen und Steinformationen. Oft müssen wir durch Flüsse waten oder von Stein zu Stein springen, um ans andere Ende zu gelangen und mit der Wanderung fortzufahren. Oft ist der Weg so schwer zu erkennen, dass wir daran zweifeln, noch richtig zu laufen. Nur alle 2 Kilometer kommt ein Schild, dass einem zeigt, dass man noch auf der richtigen Fährte ist.
Nach ca. 10 Kilometern kommt ein Aussichtspunkt, der Toolona Lookout. Was wir hier sehen, macht all die Sorgen des letzten Tages wieder gut: es erstreckt sich die saftig Bunte Berglandschaft des Bundesstaates New South Wales bis hin zu Byron Bay und das Meer. Wir selbst stehen in Queensland, die Klippe vor uns ist genau die Grenze beider Bundesstaaten.
Nach einem kurzem Päuschen laufen wir schnurstracks die restlichen 6,5 Kilometer zurück zum Campingplatz. Als wir über die Anlage laufen fliegt mir ein Papagei auf den Kopf. Ein weiterer setzt sich auf meine Hand. Spätestens jetzt ist alles wieder vergessen!
Da wir nicht wieder Toastbrot essen möchten, versuchen wir es noch einmal im Gasthaus. Dieses mal steht eine junge Dame hinter dem Tresen. Wir erklären ihr unser Problem und weinen ein bisschen, dass wir wirklich hungrig sind. Sie schaut uns an, als wären wir Aliens. „Natürlich könnt Ihr in unserer Bar etwas essen, die ist öffentlich zugänglich, wäre ja schlimm, wenn keiner rein dürfte.“ Schade, dass wir den unfreundlichen Mann vom Vortag nicht mehr getroffen haben. Dem hätte ich was erzählt!
Als Belohnung gönnen wir uns für 80$ (ACHTZIG DOLLAR!) zwei Pizzen und eine Cola. Ok, die Pizzen sind wahrscheinlich die besten unseres Lebens, aber der Preis ist trotzdem sehr frech.
Ziemlich kaputt, aber sehr sehr glücklich sitzen wir auf der Terrasse des Gasthauses, schauen in die Berge, durch die wir ein paar Stunden zuvor gewandert sind und sehen einem fantastischen Sonnenuntergang entgegen.
Unser Video zum Park ist nun auch online:
[youtube https://youtu.be/V82GrysBOxE&w=480&h=270]
Traumhaft schön und so lebendig beschrieben. Toll
Dankeschön 🙂
Oh man, auch wenn der Start in den Nationalpark nicht so toll für euch gestartet ist, hat sich doch die Wanderung mehr als gelohnt. ? Wahnsinn. Ich hab es damals leider nicht in den Lamington Nationalpark geschafft. Aber dank eures Berichtes, der Bilder und des Videos weiß ich, wenn ich wieder mal nach Australien fliege und in Queensland bin auf jeden fall in diesen Park muss. 🙂 <3
Ja, das können wir auf jeden Fall empfehlen! Es war bisher (auch wenn wir noch nicht lange unterwegs sind) das coolste Erlebnis unserer Reise 🙂