ABENTEUER AMAZONAS TEIL 1 – LETICIA

Nach rund zwei Stunden Flugzeit von Bogotá befinden wir uns im Landeanflug vor Leticia. Unter uns sehen wir nichts als das schier unendlich wirkende Grün des Dschungels. Flüsse schlängeln sich durch die weite Landschaft, ab und zu sind kleine Rauchwolken zu sehen. Noch ahnen wir nicht, was für ein Abenteuer der Amazonas für uns bereithält. In den nächsten Tagen werden wir bei Dschungelbewohnern übernachten, zu Fuß nach Brasilien laufen und Passagiere eines Frachtschiffes auf dem Amazonas werden.

Der Flughafen von Leticia ist recht übersichtlich, so etwas wie ein Terminal gibt es nicht. Nur einen kleinen Raum mit einem ca. 7m langem Fließband für das Gepäck, einer Toilette und einem Stand, an dem wir eine Touristengebühr bezahlen müssen, um in die Stadt zu kommen. Das Klima ist anders als zuvor an der Karibikküste – es ist warm und feucht, die Luft ist drückend und so ist es nicht verwunderlich, dass ich über unseren „kleinen“ Spaziergang zu unserer Unterkunft überhaupt nicht begeistert bin. Wie so oft während der Reise geht es mir wieder mal nicht gut. Mürrisch schleppe ich mich mit Tobi durch die Gassen und wir kommen gerade noch rechtzeitig an, bevor mein Kreislauf nachgibt.

Das Wasser am Amazonas kann in Leticia bis zu 4 Meter hoch ansteigen

In der Unterkunft werden wir von „Big Mama“, wie sie genannt wird, sehr herzlich empfangen. Als wir ihr erzählen, dass wir gerade aus der Karibik kommen, scheint sie sofort zu wissen, weshalb es mir so schlecht geht und macht mir sofort einen „Heiltee“ aus Wurzeln und Pflanzen des Amazonas. Ich trinke ihn dankend und wir beziehen unser Zimmer. Eine Stunde später klopft Big Mama an die Tür. Sie hat uns Essen gekocht: deftig kolumbianisch für Tobi, Schonkost mit Gemüse für meinen empfindlichen Margen. Es hilft wirklich, denn schon am Abend geht es mir wieder richtig gut.

Zu Fuß nach Brasilien

Die Stadt liegt im sogenannten Dreiländereck (Trifrontera): hier treffen die Grenzen von Kolumbien, Brasilien und Peru direkt aufeinander. Leticia und ihre Nachbarstadt Tabatinga, welche zu Brasilien gehört, sind heute nahezu zusammengewachsen. Wäre dort kein Schild würde man gar nicht merken, dass man in einem anderen Land ist. Einen Stempel in den Pass gibt es für uns leider auch nicht, lediglich ein Foto zur Erinnerung. Aber hey, wer kann schon von sich behaupten, einmal zu Fuß nach Brasilien gelaufen zu sein? 😉

Zufuss nach Brasilien zu gehen, wer kann das schon von sich behaupten?

Übrigens: Jeden Abend zur gleichen Uhrzeit kann man in Leticia ein Spektakel der besonderen Art beobachten. Tausende Vögel treffen zum Sonnenuntergang am Marktplatz ein, warum weiß niemand so recht. Tobi wird jedenfalls schön angekackt, als wir es uns anschauen :D. Das hält uns aber nicht davon ab anschließend noch zum Ufer des Amazonas zu gehen. Wir beobachten die Fischer mit ihren kleinen Holzbooten und schauen auf die letzten Strahlen des Sonnenuntergangs, die den Himmel und das Wasser in ein tiefes violett verwandeln.  Kaum zu glauben, dass dieser Fluss dort vor uns tatsächlich der Amazonas ist!

Amazonasufer Leticia

Im Dschungel des Amazonas

Am nächsten Morgen schmeißt uns der Wecker viel zu früh aus dem Bett. Big Mama kommt eigentlich aus dem Dschungel, ihre Familie wohnt noch immer dort. Sie hat für uns eine Tour in das kleine Amazonas-Dorf Loma Linda arrangiert, unser Übersetzer Adolfo holt uns von der Unterkunft ab. Da wir vorhaben Kolumbien danach zu verlassen, bringt er uns netterweise vor der Abfahrt noch zum Pier, damit wir unsere Stempel für Peru schon bekommen. Dann geht es ab aufs Boot, das bis zum letzten Platz belegt ist. Während der Fahrt halten wir immer mal wieder auf beiden Seiten des Amazonas an und lassen Leute zurück. Nach zwei Stunden in gefühlter Lichtgeschwindigkeit auf dem Fluss (keine Ironie – das Boot fuhr so schnell, dass wir permanent Nass wurden) dürfen dann auch wir zusammen Adolfo an Land.

Am Ufer wartet schon ein Mann auf uns, neben ihm sein kleiner Sohn. Wir laufen über einen hohen Holzsteg, unter uns nichts als grüne Wiese. „In der Regenzeit“ so der Mann, „ist das hier alles voller Wasser“. Im Dorf angekommen wird uns ein Glas frisch gepresster Saft gereicht. Während wir ihn trinken schauen wir uns ein bisschen um. Auf den ersten Blick wirkt es fast wie ein gewöhnliches Dorf. Neben uns näht sich ein Fischer gerade ein Netz, neben ihm spielen zwei Welpen. Der Sohn des Mannes, der uns vom Ufer abholte, spielt mit seinem Haustier – einem kleinen Küken. Ich schmelze!

der Junge hat ein außergewöhnliches Haustier

Wie lebt ein Mensch am Amazonas?

Anschließend werden wir ein wenig durch das Dorf geführt. Der besondere Stolz von Loma Linda ist die neue Schule für die Kinder bis zur 7. Klasse, welche durch Spenden finanziert wurde. „Vor einigen Jahren hatten wir noch keine Schule. Die Kinder mussten in der Regenzeit allein in kleinen Booten über den Amazonas fahren, um im Nachbardorf zum Unterricht zu gehen.“ Er senkt den Kopf. „Nicht alle sind abends wieder zurückgekommen.“ Heute besucht sein Sohn die erste Klasse, die Kinder werden von freiwilligen Eltern unterrichtet. Sie lernen lesen, schreiben und rechnen. Wir schauen in eine Klasse hinein und sehen in viele glückliche kleine Gesichter, die interessiert in unsere Kamera gucken. Hinter der Schule geht es nicht mehr weiter, lediglich ein dünner, schmaler Pfad führt in das dichte Grün des Regenwaldes hinein.

Die Schule von Loma Linda

Loma Linda ist nur mit dem Boot vom Amazonas zu erreichen, Autos oder gar feste Straßen gibt es nicht. Auf google findet man es auch nicht. „Natürlich sind wir nicht an das Stromnetz angeschlossen“ sagt der Mann. „Aber wir versorgen uns über Solar komplett selbst, der Strom wird erst am Abend angeschaltet.“ Dass die Menschen auch von ihren eigenen Lebensmitteln leben, merken wir beim Mittagessen mit der Familie. Von den Tellern schauen uns gruselige Piranhas an, „selbst gefangen“ sagt Adolfo. Ich bin froh, dass es für mich als Vegetarierin die klassischen Kartoffeln mit Avocado gibt. Ein deutsches Pärchen, das wir am Abend zuvor schon in der Unterkunft kennen lernten, sitzt mit uns am Tisch.

Mit ihnen, Adolfo und Robert, dem Dorfältesten, brechen wir nach dem Essen zu einer Wanderung durch die Weiten des Dschungels auf, die bis tief in die Nacht andauern wird. Trotz seinen 70 Jahren ist Robert extrem fit und kennt das Gebiet am Ufer des Amazonas in- und auswendig. Er zeigt uns, welche Pflanzen für die Einwohner von besonderer Bedeutung sind und erzählt uns von ihrem heiligen Baum, der bis zu 70 Meter hoch werden kann. In ihm ruht die Seele und die Kraft. Man kennt ihn eigentlich aus dem Film „Avatar“ als „Baum der Seelen“. Wir bekommen ihn aus der Ferne sogar zu sehen, dürfen aber verständlicherweise nicht näher heran.

Nach dem Sonnenuntergang verändert sich der Regenwald. Es wird lauter, die nachtaktiven Tiere klettern aus ihren Verstecken und um uns herum ist es so dunkel, dass wir ohne Taschenlampe nicht einmal unsere Hand vor Augen sehen können. Eine etwas gruselige Stimmung, denn wir fühlen uns alles andere als allein in dieser Schwärze. Wir entdecken die abgefahrensten Insekten und Echsen, einmal schauen rote Augen von einem Baum auf uns herab. Wir können leider nicht genau erkennen, was uns da ansieht, wir tippen auf ein Opossum. Nach 5 Stunden Wanderung kommen wir zurück ins Dorf und fallen völlig erschöpft in unsere Betten.

Entspannung auf der Hängematte

Puerto Nariño

Nach einem gemeinsamen Frühstück verabschieden wir uns von den Dorfbewohnern und fahren zusammen mit Adolfo und dem deutschen Paar ein Stückchen weiter. Auf dem Boot trennen sich unsere Wege, das Pärchen steigt schon eine Station zuvor aus. Da wir aber nicht mehr genug Zeit haben (wir hatten uns ja bereits ausgestempelt und mussten am Abend das Land verlassen), überspringen wir die Station und fahren mit Adolfo weiter nach Puerto Nariño. Ein französischer Backpacker schließt sich uns an. An unserem ersten Stopp treffen wir auf zwei besondere Haustiere: Äffchen! Sowohl Tobi als auch ich sind keine besonders großen Affenfans, da wir wissen, dass sie ganz schön gemein sein können. Diese beiden sind allerdings zuckersüß. Im See neben der Hütte können wir beobachten, wie der größte Süßwasserfisch der Welt seine Bahnen zieht.

Die Brüllaffen sind sehr süß
Die Affen waren sehr muede

Anschließend gibt uns Adolfo ein Eis aus und erzählt uns beim Mittagessen noch etwas über sich selbst. Er kommt aus Mexico, seine Frau studiert in Bogotá und erwartet ein Kind. Nach unserer Tour würde er nach einem halben Jahr zu ihr zurückkehren. „Ob ich nochmal an den Amazonas zum Arbeiten zurückkomme weiß ich nicht“, sagt er. „Vielleicht mache ich etwas anderes, damit ich bei meiner Familie sein kann.“ Wir wünschen ihm für seine Zukunft alles Gute und verabschieden uns von ihm. Er wird noch etwas dortbleiben und den restlichen Tag mit unserem französischen Kollegen verbringen. Für uns geht es mit dem Speed Boot zurück nach Leticia, wo wir noch einige Vorbereitungen treffen müssen, bevor wir am Abend Kolumbien endgültig verlassen.

Auf der anderen Seite des Amazonas, der peruanischen Seite, steht ein altes Frachtschiff. Es ist am Morgen angekommen und wird gerade beladen. In wenigen Stunden wird es den Hafen verlassen, um seine Fracht im 3 Tage entfernten Iquitos abzuladen. Wir sind vielleicht fertig mit Kolumbien, der Amazonas wird uns aber nicht so schnell wieder los, im Gegenteil.

Erfahre hier, wie es weitergeht.

Fazit Amazonas Tour:

Meiner Meinung nach war es auf jeden Fall ein Highlight der Reise, allerdings muss man dafür keine teure Tour in einer Agentur buchen. Wenn man bereits Spanischkenntnisse hat, wäre es besser, direkt mit dem Speedboot von Leticia bis Loma Linda zu fahren und die Tour vor Ort zu buchen. So spart man nicht nur Geld, sondern stellt auch sicher, dass das Geld auf jeden Fall in den richtigen Händen landet.

Kosten und Unterkunft in Leticia

Kosten 2 Tage Dschungeltour: 170 Euro pro Person inkl. Fahrten, Übersetzer, Verpflegung, Unterkunft in Loma Linda und 2 geführte Wanderungen

Unterkunft Leticia: La Jangada Hospedaje ca. 20 Euro für ein Doppelzimmer/Nacht

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