Für eine lange Zeit war es ruhig auf diesem Blog. Obwohl ich unterwegs war konnte ich das Erlebte bisher nicht zu Wort bringen. Ich führte einen Kampf gegen meinen eigenen Körper. Denn dieser hatte kurzerhand beschlossen, mir für den Rest des Jahres gehörig auf den Zeiger zu gehen. Heute gibt es mal einen Beitrag ohne Bilder. Nur Worte. Von einer langen Krankheit, einem falschen Verdacht und einem leeren Kopf.
„Das Fahrrad ist kaputt“
Schon in Südamerika war ich immer häufiger krank. Zwei Wochen nach unserer Ankunft in Bogotá, der Hauptstadt Kolumbiens, hatte ich mit einer starken Erkältung zu kämpfen. „Gut.“ Dachte ich mir. „wird wohl der Temperaturunterschied zwischen Cuba und Kolumbien gewesen sein.“ Doch diese mochte einfach nicht weggehen, kam immer wieder und heftiger zurück – bis ich schließlich sogar das Krankenhaus in Medellin aufsuchen musste (zum Beitrag). Die Ärztin diagnostizierte eine Mandelentzündung, verschrieb ein Antibiotikum. Soweit so gut. Doch es war nicht gut, auch nicht, als ich nach Deutschland zurückkam. Die Ärztin war genauso ratlos wie ich, schimpfte über meine Gewichtsabnahme. 12 Kilogramm. Es fühlte sich an als brannte mein Körper von innen. Ich hatte dauerhaft Fieber, bekam eine Entzündung nach der anderen. Von Mandeln und Nieren bis hin zum Magen war alles dabei. Meine Lymphknoten waren so groß wie kleine Golfbälle und diese unendliche Müdigkeit machte mich fertig. In der Uni saß ich im Hörsaal, aber irgendwie auch nicht. Die Worte des Professors kamen nie bei mir an. Und auch das Fahrradfahren wurde nach einer Weile so anstrengend, dass ich meinem Freund Tobi ständig auf die Nerven ging, er solle doch nun endlich mal danach schauen. Für mich war ganz klar, dass es kaputt sein musste. Was ich aber nicht wusste: ich war kaputt.
November
Anfang November saß ich wieder einmal bei meiner Hausärztin, die mich mittlerweile – wie auch ihre Arzthelferinnen – duzte. Nicht dass es mir etwas ausmachen würde, aber es verdeutlicht noch einmal wie oft ich eigentlich dort gewesen sein musste, kannte ich sie doch erst einige Wochen lang. Sie hatte die Blutergebnisse vor sich liegen und sah mich betroffen an. Obwohl ich laut Dr. Google eine vage Vorstellung davon hatte was mich erwarten könnte, schockierte mich ihre Aussage trotzdem. „Eine Junge Patientin, 25 Jahre, Verdacht auf ein Lymphom.“ Sie machte mir einen Termin in der Onkologie.
Drei Tage vergingen. Drei Tage, in denen ich dachte, ich sei schwer krank. Ich blieb der Uni fern, fuhr von Arzt zu Arzt und ließ mir gefühlte 2 Liter Blut entnehmen. Den Rest der Zeit schlief ich. Das tat ich davor schon ungewöhnlich oft und lange – 14 bis 15 Stunden pro Tag waren keine Seltenheit mehr. Natürlich machte ich mir Gedanken. Um das Reisen, das Studium, die Zukunft. Es ging mir unsagbar schlecht. Das Fieber kletterte immer höher und ich schwitzte in der Nacht so heftig, dass ich mein Shirt drei Mal wechseln musste.
Schlafkrankheit
Dann bekam ich eine erneute Diagnose. Die Blutergebnisse der Onkologie lagen vor und ich konnte meinen Ohren kaum glauben. Pfeiffersches Drüsenfieber, Schlafkrankheit, Kusskrankheit. Ebenfalls eine schwere Krankheit, allerdings kein Lymphom. Ich war an diesem Tag wohl die einzige Patientin, die sich jemals darüber gefreut hatte zu hören, dass sie am EBV-Virus erkrankt sei. Dieses Monster, das versuchte die Oberhand über meinen Körper zu gewinnen, hatte endlich einen Namen.
Pfeiffersches Druesenfieber
Die Erreger dieses Virus sind bereits in 95% der Menschen vorhanden, aber nur in seltenen Fällen bricht es aus. Meist passiert das schon im Jugendalter. Je älter man bei der Infektion ist, desto schlimmer kann sie auftreten. Die Krankheit kann sich über Monate hinweg ziehen. Der Arzt erklärte mir, dass das Drüsenfieber viele Nebensymptome hätte, diese aber nicht häufig seien. Ich hatte den 6er im Lotto, denn bei mir war nicht nur der seltene Fall eingetroffen, dass die Krankheit überhaupt ausbrach. Ich nahm auch noch großzügig alle möglichen Nebensymptome auf einmal mit. Und man konnte mir nicht helfen. „Schlafen Sie.“ – ja, toll. Als hätte ich das nicht schon die letzten Monate mehr als genug getan. Und so ging ich nach Hause und schraubte meine Aktivitäten auf das Mindeste herunter. Das Fahrrad kam in den Keller und ich besuchte nur noch Vorlesungen, die mir „relevant genug“ vorkamen.
Dezember
Dann sank endlich meine Körpertemperatur. Meine Werte zeigten zwar keine großartige Verbesserung, aber ich fühlte mich ohne das Fieber bereits wie neugeboren. Viel machen oder gar unternehmen konnte ich aber trotzdem nicht. Ich bekam jedes Mal die Quittung von meinem Körper, war er mal wieder der Meinung ich hätte übertrieben.
Januar
Erst Anfang Januar hörten die Affen in meinem Kopf auf zu klatschen und die Müdigkeit reduzierte sich. Zwar komme ich immer noch nicht ohne meinen Mittagsschlaf aus, aber so langsam habe ich das Gefühl wieder ein normaler, klardenkender Mensch im Besitz meiner Fähigkeiten zu sein. Ob das so bleibt oder ob es nur eine Phase ist weiß ich nicht. Für meine nächste Reise im Februar zusammen mit Tobi ist es jedenfalls wünschenswert.
Gute Besserung wünsche ich dir, klingt ja nach einer richtigen Tortur.
Ich hoffe auch für eure Reise, aber vorallem für deine Gesundheit, dass bis Februar alles gut wird 🙂