Lofoten und Vesterålen – Norwegen Roadtrip im Mikrocamper

Der Gedanke an einen unvergesslichen Roadtrip zu den Lofoten und Vesterålen in Norwegen lässt wahrscheinlich viele Herzen höherschlagen. Wer einmal dort war, möchte immer wieder hin. So war es auch einer meiner Träume, die begehrte Inselgruppe im hohen Norden einmal mit eigenen Augen zu sehen. Als wir unseren Norwegen Roadtrip planten (wenn man das denn Planung nennen kann) hatten wir keine Ahnung, wie weit wir in dem vorgegebenen Zeitraum von drei Wochen kommen würden. Insgeheim hoffte ich allerdings schon, dass die Zeit reichte, um die Lofoten wenigstens für wenige Tage bereisen zu können.

Interessante Fakten über die Lofoten

Die Lofoten sind eine Inselgruppe, die an der Westküste im sogenannten Nordland Norwegens zu finden sind. Sie sind bekannt für ihr einzigartiges Landschaftsbild, raue Bergketten und wechselhaftes, mystisches Wetter (Regel Nr.1: vergiss den Wetterbericht!). Unter den Wanderbegeisterten spricht man auch gerne vom Mekka des Hikings. Rund 80 Inseln gehören der Gruppe an, wovon allerdings nur wenige bewohnt sind. Übrigens: auf Norwegisch steht der Name Lofoten für die komplette Region und daher eigentlich im Singular. Wir Deutschen setzen ihn fälschlicherweise aufgrund der Endung „en“ in den Plural, das ist grammatikalisch aber nicht korrekt.

Fischerhütten auf den Lofoten

Polarkreis – inmitten des Nichts

Zwei Wochen unseres Roadtrips waren bereits vergangen, als wir mit unserem Mikrocamper auf der E6 in Richtung Norden fuhren. Seit Trollstigen war nichts Spannendes mehr passiert, und Bäume wuchsen hier schon lange nicht mehr. Lediglich ein Dutzend kleine, puschelige Sträucher säumten die weitläufigen Flächen Norwegens. Wenn ich nach all den Kilometern bei maximal 80km/h Fahrtgeschwindigkeit eines sagen kann, dann dass Norwegen ein verdammt großes Land ist. Im Auto dudelte Hörbuch Nummer vier, oder fünf. Vielleicht war es auch schon das sechste, als wir nach etlichen Stunden dann endlich das Schild passierten, welches darauf hindeutete, dass wir nun vollkommen im Norden angekommen waren. Arctic Circle, 66° 33’N. Ein kurzer Moment der Gänsehaut erfasste mich. Wir hatten den Polarkreis überschritten. Wahnsinn!
Nur wenige Meter dahinter befindet sich eine Touristeninformation, der wir natürlich einen Besuch abstatteten. Schnell ein stolzes Foto vor dem Schild geschossen, und weiter ging die Fahrt. Bis zum Fähranleger in Bognes hatten wir noch weitere mühselige 259 Kilometer auf der Uhr.

Kurz neben dem Schild posieren, dass den Polarkreis markiert

Anreise Lofoten

Auf die Lofoten kommt man mit dem Auto auf verschiedenem Wege. Zum einen gibt es eine Fährverbindung von Bodø nach Moskenes. Diese dauert bei guten Bedingungen circa drei Stunden und kostet für zwei Personen in einem normalen Auto 1029.00 NOK (ca. 100 Euro – Stand Januar 2022). Wir haben uns allerdings für die Route von Bognes nach Lødingen entschieden. Der Fährhafen von Bognes liegt zwar einige Kilometer weiter nördlich, allerdings ist der Preis zu gleichen Konditionen nicht nur wesentlich günstiger (439 NOK – ca. 44 Euro Stand Januar 2022), die Überfahrt ist mit nur einer Stunde auch noch viel kürzer. Hier gelangst du zur Website der Fähre. Weil das Wetter auf den Lofoten mindestens genauso wechselhaft ist wie mein seekranker Gemütszustand an Bord eines Schiffes, stand für mich außer Frage, welche Option wir nehmen würden.

Der Wettergott meinte es wirklich nicht gut mit mir. Die Fähre in der Nacht war bereits aufgrund schlechten Wetters ausgefallen, und die dicken grauen Wolken hatten sich auch am Morgen noch nicht verzogen. Unsere geplante Überfahrt sollte allerdings stattfinden, und so schipperten wir langsam und für meinen Magen durchaus spürbar über die riesigen Wellen, die sich auf dem Nordmeer auftürmten. Wasser spritzte gegen die Fensterscheiben, und das Schiff schwankte so stark, dass niemand der Passagiere es auch nur wagte aufzustehen. Es musste unglaublich windig sein.

Lofoten und Vesterålen – Die Route

Nach 1,5 Stunden erreichten wir dann endlich das andere Ufer, und ich kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Genaugenommen waren wir noch gar nicht auf den Lofoten, sondern befanden uns erst einmal auf den nördlichen Vesterålen. Diese sind allerdings nicht weniger hübsch anzusehen und mindestens genauso sehenswert, wie die Lofoten selbst.

Die Vesteralen und die Lofoten sind eigentlich getrennte Inselgruppen, werden heute aber gerne als zusammenhängend betrachtet

Nyksund – Geisterstadt auf den Vesterålen

Unser erster Stopp war das kleine, fast vergessene Fischerdörfchen Nyksund. Einst mit rund 250 Einwohnern eines der größten Fischerdörfer der Inseln, verließ im Jahre 1975 der letzte Einwohner seine Hütte, wodurch das Dorf jahrelang als Geisterstadt galt. Heute leben fünfzehn Menschen in dem einst polarisierenden Fischerei-Standort. Schon bei unserer Ankunft wirkte das Dorf für mich sehr verschlafen, und ich fragte mich bei einem Blick aus dem Autofenster, ob wir wirklich die einzigen Touristen waren. Der Grund für die leeren Gassen schlug mir sofort wie eine Faust ins Gesicht, als ich die Autotür öffnete. Besser gesagt: Ich versuchte es, denn der Wind war so stark, dass ich mich mit dem Rücken hineinlehnen konnte, ohne dabei umzufallen. Solche Szenen kannte ich bisher nur aus dem Fernsehen, hatte ihnen bis dato aber nur wenig Glaubwürdigkeit zugewiesen. Nun wusste ich, dass sowas wirklich geht.
Wir ließen es trotzdem nicht unversucht, wenigstens ein bisschen im Ort herumzulaufen. In Kombination mit den tobenden Windgeräuschen wirkten die kleinen, bunten Fischerhütten beinahe mystisch. Es gibt sogar ein kleines Café, in dem wir mit schlappen 7,50€ den wohl teuersten Kuchen unseres Lebens aßen.

Henningsvaer und Festvägtinden

Das Wetter sollte auch in den nächsten Tagen nicht besser werden. Den Fußballplatz unseres nächsten Zieles, Henningsvaer, kennen viele Apple-Nutzer wohl aus der Vogelperspektive als Desktop-Hintergrund. Der nahegelegene Berg Festvägtinden versprach uns eine tolle Aussicht auf Henningsvaer und die umliegenden Inseln der Lofoten. Die Wanderung war allerdings alles andere als entspannt, und so kraxelten wir über matschige Abschnitte und lockere Steine bis ganz nach oben und ich hatte ganz schön mit der Höhenangst zu kämpfen. Der Wind machte es nicht besser.

Henningsvaer Hafen

Solangsam sehnten wir uns nach einem richtigen Bett und wurden bei Couchsurfing fündig. So verbrachten wir unsere zweite Nacht nach demkurzen Ausflug nach Henningsvaer bei Manuel, der uns bei einem gemütlichen Kochabend mit Chilli sin Carne und einem Bierchen von seinem Leben auf den Lofoten erzählte. Wir erfuhren einiges über den Fischfang, die Kreuzfahrttouristen und vor allem wie es ist, an einem Ort zu leben, an dem die Sonne im Sommer niemals unter geht, während im Winter 24h Dunkelheit herrscht.

Haukland Beach

Am Haukland Beach, dem wohl berühmtesten Strand der Lofoten (den Menschenmassen zufolge) verbrachten wir nur wenige Minuten. Er war ganz hübsch anzusehen, ja. Ursprünglich hatten wir vor, dort eine Nacht zu verbringen, aber die Preise des angrenzenden Campingplatzes und die vielen Menschen schreckten uns eher etwas ab. Zu unserem Glück fanden wir wenige Kilometer weiter vorne einen weiteren Strand, mindestens genauso schön, für den sich allerdings niemand zu interessieren schien. Eine kleine Parkbucht zur Übernachtung gab es für uns auch, und der Strand und die Umgebung gefielen uns so gut, dass wir dort sogar zwei Nächte verbrachten. Wir nutzten die Zeit, um etwas runterzukommen und zu relaxen. Einfach mal kein Autofahren. Das Wetter lockte uns sowieso nirgends hin und so beschäftigten wir uns mit Müllsammeln. Was an diesem augenscheinlich sauberen Strand so alles zusammenkam, Halleluja! Neben einem T-Shirt, Socken, Schuhe, einem Schal und unzähligen Fischerseilen fand ich sogar ein gekochtes Ei im Sand. Was zur Hölle?

Eigener Privatstrand auf den Lofoten
Zum Abend kam sogar einmal kurz die Sonne heraus

Nusfjord

Da der Plan unseres Norwegen Roadtrips war, keinen Plan zu haben, wären wir an dem berühmten Fischerdorf Nusfjord beinahe vorbeigefahren. Zu unserem Glück hatte uns unser Couchsurfing-Host noch darauf hingewiesen, doch einmal dort vorbeizuschauen. Obwohl wir viel zu spät kamen und alles schon geschlossen hatte, hat sich trotzdem gelohnt. So mussten wir zumindest keinen Eintritt zahlen und hatten das fotogene Fischerdorf mit seinen roten Hütten ganz für uns allein. Allein schon die Zufahrtsstraße war mit ihrer grandiosen Aussicht auf die Berge war ein absolutes Highlight.  

Fischkutter in Nusfjord

Kvalvika Beach

Ein weiteres Highlight, dass man in vielen Norwegen-Blogs findet, ist der Kvalvika Beach. Wir beschlossen, uns den Strand einmal von oben anzuschauen, und so starteten wir eine Wanderung auf den benachbarten Ryten. Viel Hoffnung machten wir uns nicht, denn (ich brauche es schon gar nicht mehr erwähnen), die Wolken hingen immernoch tief und versperrten jegliche Sicht auf die Spitze des Berges. Wir beschlossen deshalb, auf halben Wegen wieder umzudrehen. Die Aussicht von dort war aber trotz Nebel schon spektakulär, und bei gutem Wetter ist die Wanderung nach oben sicherlich empfehlenswert.

Kvalvika Beach vom Ryten

Reinebringen – mein persönliches Highlight der Lofoten

Nach einem kurzen Besuch in Å, (Ja, es gibt tatsächlich ein Dorf auf den Lofoten, das einfach nur Å heißt, ist das nicht genial?) an der Südspitze der Lofoten, Moskenes und Reine, stand zum Sonnenuntergang dann die Besteigung des Reinebringen auf dem Programm. Wir hatten riesiges Glück. Gerade oben angekommen, klarte zum ersten Mal seit 5 Tagen auf den Lofoten der Himmel auf und wir hatten eine bombastische Aussicht auf den Reinefjord, der durch das Sonnenlicht in wunderschönen Farben leuchtete.

Reinebringen Aussicht auf den Reinefjord auf den Lofoten

Måtind – zurück auf den Vesterålen

Bevor es am nächsten Morgen zurück aufs Festland gehen sollte, machten wir nochmal einen Zwischenstopp für eine Wanderung auf den Matinden. Wir reihten unser Auto direkt zu den Fahrzeugen ein, die bereits an der Straße 976 standen. Wo all die Menschen zu den zugehörigen Autos waren, erschloss sich uns auf der vierstündigen Wanderung allerdings nicht. Lediglich eine Hand voll anderer Besucher kam uns auf dem Weg nach oben entgegen. Und auch den wundervollen Ausblick auf die spitzen Felsvorsprünge, die vor uns aus dem Meer ragten, mussten wir uns mit gerade einmal zwei weiteren Pärchen teilen.

Fazit Roadtrip Lofoten und Vesterålen

Die Regenwolken gaben Tag für Tag aufs Neue alles, um uns die gute Laune zu vermiesen. Das war nicht immer einfach, vor allem nicht, wenn man in seinem Auto schläft. Aber hey, no matter the weather! Ich meine, wie fotogen kann die Natur bitte sein? Selbst mit grauen Wolken gab es auf den Lofoten an beinahe jeder Ecke etwas, das man fotografieren konnte. Für uns hatte sich der Roadtrip auf die Lofoten und Vesterålen auf jeden Fall gelohnt. Es waren aber vielmehr die verlasseneren Orte wie Nyksund, der Strand neben Haukland Beach und die Gespräche mit Manuel, die uns so gerne an die Zeit auf die Lofoten zurückblicken lassen. Die Touristischen Orte waren (bis auf den Reinebringen) nicht so unser Ding. Ich kann jetzt jedenfalls verstehen, warum die Lofoten auch als Mekka des Hikings bezeichnet werden.

Und ob ich jetzt einen Elch gesehen habe?

Wir haben wirklich alles gegeben. Wir haben mit Guides gesprochen, Manuels Tipps befolgt, und sind bei Dämmerung mehrmals durch Elchgebiete gefahren (teilweise hin- und zurück, und ich kann euch sagen, ich hatte wie eine bekloppte Stalkerin am Fenster geklebt und zwischen jeden Baumstamm geschaut) – aber leider blieb es mir verwehrt, einen waschechten Elch zu Gesicht zu bekommen. Auf der Rückfahrt durch Schweden wurden wir dann allerdings von vielen wunderschönen Rentieren begrüßt. Die sollen ja sowieso viel schöner sein, als Elche.

Rentier in Schweden spaziert über die Bundesstraße

Einige Zeit später durfte ich meinen langersehnten Elch dann endlich sehen! Zusammen mit Polarlichtern, die am Himmel tanzten. Lese hier meinen Artikel über unsere Reise mit dem Nachtzug durch Schweden nach Norwegen.

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