Flores mit dem Scooter: Abenteuer auf unbekannten Pfaden

Vier Freunde, zwei Scooter und eine Insel in Indonesien, von der wir kaum mehr wissen als ihren Namen: Flores. Mehr braucht es nicht für ein Abenteuer der besonderen Art.

«Schauen wir mal, wie es wird.»

Obwohl wir es nie laut ausgesprochen haben, scheint dieses Motto unseren Trip zu begleiten. Die grobe Route steht, mehr nicht. Keine geplanten Tagesetappen, keine gebuchten Unterkünfte, kein «das müssen wir unbedingt sehen». Einfach mal losfahren, egal mit welchem Ergebnis. Zu viert fahren wir eine Woche lang 700 Kilometer über die indonesische Insel Flores. Vorbei an Reisfeldern, Vulkanen, Dschungel und menschenleeren Stränden. Das einzige Transportmittel sind unsere Scooter.

Die Route

Auf unserem 8 tägigen Scooter Trip über Flores fahren wir folgende Route: Labuan Bajo – Ruteng – Keli – Bena – Manulalu Dschungel – Badjava – Riung – Ruteng – Labuan Bajo.

Labuan Bajo nach Ruteng

Unser Trip beginnt in Labuan Bajo, einer kleinen Stadt im Westen der Insel, die den meisten nur als Ausgangspunkt für die berühmten Bootstouren in den Komodo Nationalpark bekannt ist. Für uns ist sie aber noch etwas anderes: Das Tor zu einem Abenteuer auf unbekannten Pfaden. Denn obwohl hier täglich Boote gen Westen mit Touristen ablegen, bleibt der Rest der Insel weitgehend unentdeckt. Kaum jemand fährt weiter Richtung Osten.

Am ersten Tag lassen wir nicht nur Labuan Bajo, sondern auch den Rummel der Touristen hinter uns – und tauchen ein in eine völlig andere Welt. Bei strahlendem Sonnenschein führt uns die Strecke bergaufwärts in den Dschungel, vorbei an kleinen Dörfern und moosgrünen Reisterrassen.

Reisterassen auf Flores

Schon bald merken wir, wie unbekannt Flores tatsächlich ist. Fast immer, wenn wir eines der Dörfer passieren, rennen Kinder aus ihren Häusern, um uns lachend und winkend zu begrüßen und uns in ihrem Dorf willkommen zu heißen. Manchmal schaffen wir es sogar, sie abzuklatschen oder stoppen für ein schnelles Foto. Auch Erwachsene winken uns zu oder sprechen uns sogar an. Zwar verirrt sich gelegentlich ein Tourist ins Innere der Insel, aber nur die wenigsten nutzen dafür einen Scooter. Oft sitzen sie mit privatem Fahrer hinter abgedunkelten Scheiben eines Autos. Die fröhlichen und warmen Reaktionen der Einheimischen bleiben den meisten damit verborgen.

Kinder am Strassenrand. Auf Flores gibt es nicht viele Touristen mit dem Scooter

Stopp im Manik Café

Ein paar Kilometer weiter bekommen wir die Bestätigung. «Hier kommen nicht viele Touristen vorbei», erzählt uns die Besitzerin des Manik-Cafés, ein Warung, welches wir zufällig am Straßenrand entdeckt haben. Sie kann ihre Aufregung kaum zurückhalten und tippelt nervös mit den Füßen hin- und her, während sie unsere Bestellung aufnimmt. Sie erzählt uns, dass sie und ihr Mann gerade erst eröffnet hatten und deshalb besonders erfreut über unseren Besuch sind. Die Nervosität ist jedoch unbegründet, ihr Nasi Goreng ist ein wahrer Traum und die Aussicht zum Essen fantastisch. Ein gelungener Start in unseren Flores-Scooter-Trip.

Nasi Goreng mit Aussicht in Flores
Manik Café auf Flores am Strassenrand

«Aber seid vorsichtig, am Nachmittag kommt immer der Regen.»  

Sie soll recht behalten. Schon bald weicht die anfängliche Mittagshitze einem feuchten Tropenklima und graue Wolken verdecken den Himmel in einer Geschwindigkeit, von der wir mit unseren Scootern nur träumen können. Als es beginnt zu regnen, müssen wir schließlich eine Zwangspause einlegen. Direkt neben der Straße finden wir zufällig Schutz unter einem rustikalen Straßenkiosk, deren Besitzer sich tierisch über unseren Besuch freuen. Ein Blick auf die Wetterapp lässt uns erschaudern. «Besser wird’s heute nicht mehr!», stellt Tobi entsetzt fest. Wir staunen nicht schlecht, als ein Mann mit einem Bananenblatt über dem Kopf durch den strömenden Regen an uns vorbeiläuft. Dann noch einer.

Person mit einem Bananenblatt auf dem Kopf läuft durch den Regen auf Flores

Durch den Regen

Es nützt alles nichts. Nach einer halben Stunde Wartezeit scheint sich der Regen nur noch mehr verdichtet zu haben. Also machen wir es wie die Einheimischen, binden uns ein Bananenblatt über unser Gepäck und trotzen dem Regen. Der Landschaft tut das Wetter keinen Abbruch – im Gegenteil. Wie ein Schleier legt sich der Nebel über den Dschungel und lässt die Umgebung mystisch wirken.

Die Motoren unserer Scooter knattern bis in die Dunkelheit hinein, die Lichter spiegeln sich auf dem nassen Asphalt, der sich durch den dichten Dschungel schlängelt und schier endlos erscheint. Trotz Regenschutz bin ich bis auf die Unterhose nass, als wir am späten Abend endlich an unserer ersten Unterkunft in Ruteng ankommen. Völlig durchgefroren drehe ich unter der Dusche das Wasser auf. Die Temperatur? So etwa kurz vor Eiswürfel. «Oh man!», denke ich. «Auf was habe ich mich da nur eingelassen?»

Die Nacht verbringen wir im farbenfrohen und ruhigen D-Rima Homestay. Wir bekommen frischen Tee serviert und ich freue mich über ein weiteres Nasi Goreng zum Abendessen (und zum Frühstück – jap, ich lieeeebe Nasi Goreng!)

Nasi Goreng in Ruteng

Ruteng und das Spider Web

Die zweite Tagesetappe unserer Tour beginnt dort, wo die erste aufgehört hat. Nur, dass wir nun sehen können, durch welch unglaublich schöne Landschaft wir am Vorabend gefahren sind. Zumindest ein Stück, denn wir fahren nochmal ein paar Kilometer zurück zum «Spider Web» Aussichtspunkt. Die Reisfelder an dieser Stelle sind so angeordnet, dass sie von oben wie ein Spinnennetz aussehen. Bevor wir weiterfahren, halte ich inne, um die Szenerie zu bewundern.

Unsere Gruppe posiert vor dem Spider Web auf Flores

Offline über Stock und Stein

Dann passiert das Unvermeidliche: Wir verfahren uns. So richtig. Unser eigentliches Ziel ist die archäologische Ausgrabungsstätte Liang Bua, auch Hobbit Höhle genannt. Internetempfang gibt es keinen, sodass einzig unsere Offline-Karten die Route diktieren. Und diese führen uns wortwörtlich über Stock und Stein, vorbei an abgelegenen Häusern und einer Gruppe kreischender Schulkinder, die zum ersten Mal Touristen sehen. Bis wir völlig verwirrt an jener Stelle wieder rauskommen, an der wir zwei Stunden zuvor abgebogen waren.

Ohne Internetempfang und Navigation über Stock und Stein

Das Thermometer ist derweil auf über 30 Grad geklettert. Die Sonne brennt so sehr auf meiner Haut, dass ich mir den Regen zurückwünsche. Aber das sage ich natürlich nicht laut. Muss ich auch nicht, denn schon kurze Zeit später fahren wir erneut durch Regen. Die Stimmung ist mäßig und jedes Mal, wenn ich mich nach einer kurzen Pause auf den Beifahrersitz unseres Scooters quäle, wimmern meine Pobacken leise. Da bringt das provisorische Polster aus Klamotten auch nichts mehr. Ich seufze und muss unweigerlich an die nächsten Tage denken. «Na das kann ja was werden!»

Mystischer Wald im Regen auf Flores

Keli

Wir befinden uns auf der Zielgeraden des Tages, als wir den Atem anhalten. Denn zu unserer Linken offenbart sich ein wahres Postkartenmotiv. Der Vulkan «Inerie» thront anmutig in der Ferne, angeleuchtet von der untergehenden Sonne, die es irgendwie geschafft hat, sich zum Abschluss des Tages noch einmal durch die hartnäckigen Regenwolken zu kämpfen. Davor erstreckt sich eine Idylle aus Reisfeldern, Palmen und grasenden Kühen. Es scheint beinahe so, als wolle uns Flores für die Strapazen und die Schmerzen der letzten Stunden belohnen.

Ausblick auf den Mount Inerie mit Reisfeldern im Vordergrund

Unser Gastgeber für die heutige Nacht wartet bereits auf uns, als wir das Tor zu unserer Unterkunft passieren. Als er uns über das weitläufige Gelände zu unseren Hütten führt, fällt mir die Kinnlade herunter. Vor uns stehen vier rustikale Holzhütten mit Strohdach und kleiner Veranda. Sie stehen inmitten einer absoluten Tropidylle, wie ich sie bisher nur aus Reisemagazinen kannte.

Unterkunft in Keli

Ruhig ist es hier, aber nicht still. Entspanntes Meeresrauschen reiht sich in das Kreischen der Tropenvögel und das Zirpen der Grillen ein. Nur ein paar Schritte trennen uns vom Strand, der – wie so oft auf dieser Insel – vollkommen menschenleer ist. Der Blick auf den Vulkan in der Ferne und die unberührte Natur gehören an diesem Abend und auch am nächsten Morgen zum Sonnenaufgang nur uns vieren allein.

Blick auf Vulkan Inerie auf Flores im Ort Keli am Strand

Zwischen Meer, Dschungel und Vulkanen

Die Hitze des nächsten Tages hält sich noch vornehm zurück. Auf den ersten Kilometern friere ich sogar, bis die anfängliche Gänsehaut irgendwann doch in Schweißperlen übergeht. Der Unterschied zwischen dem Küstengebiet und der dichtbewachsenen Dschungellandschaft in den Bergen könnte kaum größer sein. Während unserer Tour müssen sich unsere Scooter immer wieder von Meereshöhe auf bis zu 1.200 Meter hochkämpfen. Alle paar Stunden zeigt sich landschaftlich ein völlig anderes Bild.

Die Indonesische Insel Flores mit dem Scooter

Wir haben die Straße fast für uns allein. Sie führt uns zunächst an der Küste entlang. Links die Mischung aus grüner Oase und vulkanischem Panorama, rechts treffen raue Wellen auf feinen Sandstrand. Dann verlassen wir die Küstenstrecke wieder, schlängeln uns den Berg hoch und stoppen an der heißen Quelle von Mengeruda, die wir zufällig auf Google gefunden haben. Genaugenommen handelt es sich um zwei verschiedene Quellen, eine kalte und eine heiße. An dieser Stelle treffen beide Bachläufe aufeinander und sorgen für ein angenehmes Badeklima. Perfekt, um die strapazierte Muskulatur zu regenerieren. Hatte ich wenigstens hier eine kleine Touristenansammlung erwartet, präsentiert sich die Quelle jedoch ebenfalls menschenleer.

Bena auf Flores: Reise in die Vergangenheit

Von der Quelle sind es nur wenige Kilometer bis nach Bena, einem der heute noch bewohnten traditionellen Megalithen-Dörfer. Das Dorfbild ist durch die einzigartigen Hütten mit Strohdächern geprägt – ein Relikt vergangener Zeiten, als Flores noch viel ursprünglicher war. Die Dachdekorationen der einzelnen Häuser unterscheiden sich je nach Geschlecht des Hausoberhauptes. In der Mitte befinden sich Schreine für die männlichen und weiblichen Vorfahren. Noch heute Leben die Dorfbewohner hier in ihren Stämmen und halten die alten Traditionen aufrecht. Nur mit dem Unterschied, dass man sie heute besuchen darf.

Dorfplatz in Bena

Frauen sitzen auf den Veranden und häkeln Teppiche und Schals, die sie zum Verkauf anbieten. Rituale und Ahnenkult sind noch immer Teil des täglichen Lebens. Kücken laufen frei umher, Kräuter und Früchte werden getrocknet. Während wir durch das kleine Dorf schlendern können wir uns förmlich vorstellen, wie die Menschen früher hier um ihre Produkte gefeilscht- und auf dem Dorfplatz getanzt haben.

Manulalu

Anschließend führt uns die Strecke durch den nahegelegenen Manulalu Dschungel. Dort entdecken wir eher zufällig ein Restaurant mit angeschlossener Unterkunft, das Manulalu B&B. Eine glückliche Fügung, denn nach all den Eindrücken des Tages sind nicht nur unsere Scooter heißgelaufen, sondern auch unsere Köpfe. Auch wir brauchen dringend eine Pause. Als wir in der Ferne die tägliche dunkle Regenfront aufziehen sehen, ist schnell klar: Auf Weiterfahren haben wir keine Lust. Also entscheiden wir uns spontan, ein Zimmer zu nehmen.

Unterkunft Manulalu B&B

Das versprochene Panorama bleibt uns an diesem Abend jedoch verborgen. Der Vulkan versteckt sich vollständig hinter den dichten Wolken. Am nächsten Morgen aber haben wir mehr Glück: Beim Frühstück reißt der Himmel für einen kurzen Moment auf, sodass wir für etwa zwanzig Sekunden einen Blick auf den Gipfel erhaschen können. Immerhin!

Vulkan Inerie in Wolken

Riung und die 17 Islands

Die nächste Etappe bring uns ins 90 Kilometer entfernte Riung auf der anderen Seite von Flores, wo wir im bezaubernden Homestay von Mentos unterkommen. Dort tauschen wir für einen Tag Scooter gegen Boot. Mit Schnorchel und Tauchmaske erkunden wir die bunten Korallenriffe im Nationalpark «17 Islands». Bei glasklarer Sicht treffen wir Unterwasser auf dutzende Fische verschiedenster Art, die Schutz finden in Korallen in Farben, für die es nicht mal Namen gibt. An Land beobachten wir Kolonien von Flughunden, die zu tausenden in den Mangrovenbäumen leben. Die Tour haben wir bei Mentos direkt gebucht.

Schnorcheltrip zu den 17 Islands - ein Highlight auf Flores

Zum Sonnenuntergang fahren wir auf Empfehlung unseres Gastgebers noch einmal zu einem Aussichtspunkt. Unsere Scooter lassen wir am Hang stehen, den letzten Anstieg legen wir zu Fuß zurück. In wenigen Minuten erreichen wir den Gipfel, der uns einen unglaublichen Panoramablick auf die Inseln des Nationalparks offenbart, die sich vor der Küste am Horizont erstrecken und von der untergehenden Sonne in ein magisches Licht getaucht werden. Hinter uns jenes dschungelartige Terrain, das wir in den letzten Tagen mit unseren Scootern erkundet haben. Und auf dicke, dunkelgraue Wolken, die sich zügig ihren Weg über die eben noch sattgrünen Hügel bahnen und genau auf uns zu rasen.

Ausblick auf die 17 Islands in Riung auf Flores

Uns bleibt nur wenig Zeit, die Szenerie zu genießen, bis es beginnt, wie aus Eimern zu schütten. Natürlich liegt unser Regenschutz gut verstaut in der Unterkunft. Und so bleibt uns nichts anderes übrig, als durch den strömenden Regen über den holprig-matschigen Weg zurück nach Riung zu fahren, wo wir wieder einmal völlig durchnässt und durchgefroren in ein Restaurant einkehren.

Ich beobachte, wie das Wasser in Sturzbächen vom Dach prasselt, blicke zu meinen Freunden – sie sehen aus wie drei nasse Pudel – und muss lachen.

«Wir wollten ein Abenteuer, wir bekommen ein Abenteuer», merke ich grinsend an. Irgendwie hat es doch auch etwas Gemütliches, wie wir hier sitzen, auf unser Nasi Goreng warten und Karten spielen. Und das Schöne daran: Nichts davon war geplant.

Flores mit dem Scooter: Ein geplantes ungeplantes Abenteuer

Nach zwei Tagen heißt es Abschied nehmen. Von Riung, aber auch von Flores, denn das Ende unserer Tour naht. Es folgt eine letzte Tour entlang der malerischen Nordküste mit Blick auf die umliegenden Inseln, bis wir schließlich wieder in Richtung Inland abbiegen und der Strecke zurück nach Labuan Bajo folgen.

Ausblick auf Flores

Flores mit dem Scooter: Lohnt es sich?

Der Trip mit dem Scooter über Flores war eines der besten ungeplanten Abenteuer, die wir je gemacht haben. Die Insel ist nicht nur malerisch-schön, sondern auch wunderbar ursprünglich. Und damit meine ich nicht nur die Natur, sondern auch die Menschen. Ob sich die Schmerzen im Po und tagelangen Fahrten durch den Regen gelohnt haben?

Naja, wenn Kinder uns mit freudigem Strahlen empfangen und auf der Straße kreischend hinterherlaufen, wir ins Gespräch mit Erwachsenen kommen, die ihren ihren selbstgebrannten Schnaps anbieten und dir ein Frühstück mit Gemüse aus dem eigenen Garten anbieten… Wenn ich den Wind auf meiner Haut spüre, während wir mit dem Scooter an Reisfeldern und durch Nebelwäldern fahren… Wenn ich morgens, mittags und abends Nasi-Goreng zum Essen bekomme und eines besser als das andere ist, ich zusammen mit meinen Freunden am Tisch sitze und bei strömenden Regen Monopoly spiele, während das nächste Nasi Goreng in der Küche gebrutzelt wird, ja, dann hat es sich für mich gelohnt.

Eines steht fest: Flores, wir kommen wieder!

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