Ein Tag in Bengaluru – Wenn Moderne auf Tradition trifft

Ich bin etwas aufgeregt, als wir Bengaluru erreichen. Ich habe schon viel über die pulsierende Metropole Indiens gehört, vor allem von Einheimischen. Ein faszinierender Mix aus Innovation, Tradition und Kultur, toller Sehenswürdigkeiten und chaotischem Verkehr. Während sich auf der einen Seite immer mehr Start-Ups und Technologie-Unternehmen ansiedeln, findet man in der Stadt gleichzeitig tief verwurzelte Traditionen und religiöse Feste.

In diesen Artikel nehme ich dich mit auf eine Tagestour durch Bengaluru. Neben einigen bekannten Sehenswürdigkeiten entdecken wir inmitten des hektischen Stadtlebens sogar eine unerwartete Überraschung am Straßenrand – das Festival Durga Puja.

Bengaluru oder Bengalore?

Genaugenommen ist Bengaluru seit 2006 der offizielle Name der Stadt. Der alte Name Bengalore wird heute jedoch immer noch von vielen verwendet. Die Namensänderung geschah aus gutem Grund und hat vor allem mit der Geschichte rund um die Besetzung Indiens durch die Briten zu tun. Viele indische Städte mit einst britischen Namen bekamen mit der Zeit ihre alten indischen Namen zurück, um das nationale Spracherbe widerzuspiegeln und um mit ihrer kolonialen Vergangenheit abzuschließen. Ein weiteres bekanntes Beispiel dafür ist Mumbai/Bombay.

Bengaluru ist eine Stadt der Kontraste
Eine Stadt der Kontraste: Bengaluru.

Bengaluru – das Silicon Valley Indiens

Bengaluru ist Hauptstadt des Bundesstaates Karnataka und gilt als das Silicon Valley Indiens. Fortschritt und Technik werden hier groß geschrieben. Gerade in den letzten Jahren haben sich viele ausländische Technologie-Unternehmen in der Stadt niedergelassen. So ist es auch kein wunder, dass Bengaluru mit etwas mehr als 14 Millionen Einwohnern (Stand 2024) zu den schnellst-wachsenden Städten Indiens zählt. Übrigens: In Bengaluru herrscht eine wahre Kneipenkultur! Die Stadt hat mit mehr als 800 Pubs die höchste Kneipendichte in Indien und ein ausgedehntes Nachtleben.

Unterkunft in Bengaluru

Beim Blick auf die Karte fallen mir fast die Augen aus. Diese Stadt ist wirklich gigantisch groß! Da fällt es schwer zu sagen, wo oder in welchem Viertel man sich nun in Bengaluru am besten eine Unterkunft suchen sollte. Ein indischer Freund rät uns zu den Vierteln Indiranagar und Halasuru.

Wir entscheiden uns für ersteres. Zugegeben, ein gutes Hotel erwischen wir nicht, weshalb ich es an dieser Stelle nicht empfehle. Aber das Viertel ist dennoch super gelegen, gut mit der Metro zu erreichen und hat eine pulsierende Szene mit zahlreichen Restaurants, Cafés und Bars.

Jess an der Metrostation
Happy Jess angekommen in Bengaluru

Frühstück in Bengaluru

Auch wenn ich euch unsere Unterkunft bei bestem Willen nicht empfehlen kann, so aber auf jeden Fall das Nuage in Indiranagar. Es ist zwar für indische Verhältnisse etwas teurer, aber hier bekommst du richtig gutes Frühstück und andere Leckereien. Wir fanden es so gut, dass wir gleich zwei mal dort waren.

Das Nuage in Bengaluru bietet leckeres Frühstück
Das Nuage in Indiranagar

Bengaluru – Sehenswürdigkeiten

Sonntag, 9 Uhr. Es ist gar nicht mal so früh, und dennoch scheint die Straße vor unserer Unterkunft fast wie ausgestorben. Vom wuseligen Leben des Vorabends finden wir an diesem Morgen keine Spur. Nur vereinzelt ertönt das knatternde Motorengeräusch eines vorbeifahrenden TukTuks. Wir beschließen, eines davon anzuhalten, um ein paar Sehenswürdigkeiten in Bengaluru zu besuchen.

Viel Zeit bleibt uns allerdings nicht, schließlich haben wir nur einen Tag, um die Stadt zu erkunden. Dennoch versuchen wir das Beste draus zu machen. Nachfolgend findest du alle Sehenswürdigkeiten in Bengaluru, die wir an einem Tag besucht haben.

Brigade und Mahatma Gandhi Road

Unser erster Stopp ist nur mehr oder weniger freiwillig. Wir halten an der Brigade Road, da wir für unsere Kamera noch ein Mikrofon benötigen. Sie ist eine Querstraße der bekannten Mahatma Gandhi Road (MG Road), die als Lebensader Bengalurus gilt. Im Gegensatz zum Verkehr vor unserem Hotel am Morgen herrscht hier auch an einem Sonntagvormittag das blühende Leben. Hier reihen sich Geschäfte und Restaurants an Cafés und Bars. Kaum haben wir einen Fuß auf die Straße gesetzt, werden wir belagert.

Irgendwo in der Nähe scheint ein Markt zu sein, auf den wir aber dankend verzichten. Stattdessen schlendern wir über die Einkaufsstraße. So richtig will der Funke aber nicht überspringen, was vielleicht auch daran liegt, dass Shopping nicht unsere Lieblingsaktivität ist. Also verlassen wir die Gegend schnell wieder und fahren zur nächsten Sehenswürdigkeit.

Cubbon Park

Hast du gewusst, dass Bengaluru auch als Gartenstadt bezeichnet wird? Ich nicht! Umso erstaunter war ich über die vielen Grünflächen in der Metropole. Eine grüne Oase und Anlaufpunkt vieler Familien mitten in Bengaluru ist der Cubbon Park. Die weitläufige Parkanlage verfügt über ausreichend Fläche zum Schlendern, Picknicken, Skaten und hat sogar einen kleinen (Kinder-)Freizeitpark. Es erinnert mich stark an den Central Park von New York und ich vergesse beinahe, dass wir uns gerade mitten in Indien befinden.

Cubbon Park in Bengaluru - eine Oase mitten in der Stadt.
Ein normaler Tag im Cubbon Park.

Adresse: Kasturba Rd, behind High Court of Karnataka, Ambedkar Veedhi, Sampangi Rama Nagara, Bengaluru, Karnataka 560001, Indien

Vidhana Soudha (Regierungsgebäude von Karnataka)

Gleich am Ausgang des Cubbon Parks befindet sich die nächste Sehenswürdigkeit von Bengaluru: das staatliche Regierungsgebäude Vidhana Soudha. Wie in nahezu allen indischen Städten ist auch dieses Gebäude ein echter Hingucker.

Das Regierungsgebaeude von Karnataka in Bengaluru
Das Regierungsgebäude von der anderen Strassenseite.

Adresse: XHJR+5HF, Ali Asker Rd, Ambedkar Veedhi, Vasanth Nagar, Bengaluru, Karnataka 560051, Indien

Bengaluru Palace

Vom Vidhana Soudha nehmen wir wieder ein TukTuk und lassen uns zum Bengaluru Palace fahren. Er liegt ebenfalls mitten in der Stadt und erinnert durch seinen Tudor-Stil an ein englisches Schloss. Tatsächlich war das Windsor Castle Vorbild für die Architektur des Palasts.

Der Palast von Bengaluru
Der Bengaluru Palast von aussen.

Für umgerechnet etwa 5.00 € kann man den Bengaluru Palace von innen sowie den Schlossgarten besichtigen. Es ist das erste Mal, dass wir auf so viele andere Touristen stoßen. Unter den vielen indischen Touristen befinden sich nun auch einige internationale Reisende. Sonst hatten wir sie auf unserer Reise durch Indien nur vereinzelnd getroffen. Der Anblick von außen reicht uns. Und so beschließen wir, den Tag damit abzuschließen und zurück zur Unterkunft zu fahren, um noch etwas zu arbeiten.

Adresse: XHXR+CV2, Jayamahal, Bengaluru, Karnataka 560006, Indien

Von Enttäuschung zu Überraschung: Die unerwartete Entdeckung von Durga Puja in Bengaluru

Zugegeben, etwas enttäuscht bin ich schon, als wir uns in das TukTuk zurück Richtung Hotel setzen. So sehr hatte ich mich auf die Feierlichkeiten von Navaratri (oder auch Navartri) gefreut, die an diesem Sonntag ihren Abschluss finden sollen. Bis auf ein paar leere Umzugswagen haben wir jedoch in der ganzen Stadt nichts gesehen. Auf Nachfrage bei Einheimischen heißt es, dass das Festival eigentlich gar nicht in Bengaluru, sondern viel mehr in Mysore gefeiert werden würde. Hier, so sagen sie, würden wir davon nicht viel mitbekommen. Schade Schokolade.

Unterwegs entdecken wir dann aber doch eine Art Umzug hinter einer Absperrung, bei dem hunderte Menschen friedlich feiern und tanzen. Ich kann meinen Augen kaum trauen.

Umzugswagen in Bengaluru
Ein Umzug am Strassenrand.

„Stopp, Stopp!“, rufen wir dem TukTuk-Fahrer zu, der mehr als verwirrt darüber ist, dass wir schon auf halber Strecke aussteigen wollen. Sie finden also doch noch statt, die Feierlichkeiten von Navaratri. In diesem Fall jedoch unter einem anderen Namen: Durga Puja.

Was ist Navaratri und Durga Puja?

Das Festival Navaratri ist ein 9 Tage andauerndes religiöses Fest in ganz Indien, bei dem je nach Region verschiedene Götter verehrt werden. Je nachdem, welchem Gott oder welcher Göttin die Feierlichkeiten gewidmet sind, haben diese auch verschiedene Namen. So ist Durga Puja genaugenommen ein Teil von Navaratri.

Die Göttin Durga
Eine Verkörperung der Durga.

Im Fall von Durga Puja feiern die Hindus den Sieg der mächtigen Göttin Durga über den Dämon Mahisasura, der die Figur eines Büffels hatte und als unsterblich galt. Durch ihren Sieg gilt Durga als starke Frau, weshalb sich vor allem hinduistische Frauen ihr zu ehren an den Feiertagen in ihren schönsten Kleidern und Saris zeigen. Der Umzug ist der letzte und wichtigste Tag des Durga Puja. An diesem Tag werden aufwendig gebastelte Figuren als Verkörperung der Durga im Rahmen eines festlichen Umzugs zum Wasser gebracht und anschließend versenkt.

Statuen der Durga
Die Statuen werden monatelang gebastelt.

Plötzlich mitten drin

Ich trete etwas näher an die Absperrung heran, um eine der Gruppen zu fotografieren, die sich gerade vor einem der Umzugswagen tanzend und laut grölend im Kreis bewegt.

Natürlich bleibe ich nicht lange unentdeckt. Plötzlich löst sich einer der Männer von der Gruppe und kommt freudestrahlend auf mich zu. Er signalisiert mir, mich umzudrehen, und dann bekomme ich ein Tuch um den Kopf gewickelt. Dann nimmt er meine Hand und führt mich über die Absperrung zu seiner Gruppe, die mich mit wildem Gekreische und Freuderufen willkommen heißt.

Tanzen mit Einheimischen auf der Durga Puja in Bengaluru
kleine Selfierunde

Ehe ich mich versehe, befinde ich mich bereits mitten drin im Gewusel und drehe mich tanzend mit den anderen im Kreis. Eine junge Frau zeigt mir die Tanzschritte, und ich versuche es ihr gleich zu tun, während mir der Bass der Musik in die Ohren dröhnt. Zwei Schritte zur Mitte, zwei Schritte zurück. Arm nach vorne, Arm zur Seite. Drehen. Nochmal.

Ich lächle und muss meine Tränen zurückhalten. Es berührt mich sehr, so herzlich und offen von den Einheimischen in eines ihrer wichtigsten kulturellen Ereignisse eingeweiht zu werden.

Erinnerungen, die bleiben

Nach einer Runde im Kreis und ein paar obligatorischen Selfies löst sich die Gruppe auf und ich finde Tobi wieder, der bereits eifrig Fotos macht. Ich bekomme eine Kokosnuss in die Hand gedrückt und wir folgen der Menschenmenge auf die andere Seite. Auf den Umzugswagen befinden sich große Statuen einer Frau mit vielen Armen. Die Verkörperung der Göttin Durga.

Kokosnuss und Lächeln
Nichts geht über eine frische Kokosnuss.

Am Ende des Umzugs werden diese mit einem Kran vom jeweiligen Wagen geholt und vor dem schaulustigen Publikum im See versenkt. So cool ich es finde, den Prozess mit ansehen zu dürfen, so frage ich mich bei dem Anblick der schwimmenden Figuren im See jedoch ernsthaft, ob man diese auch später wieder herausfischen würde.

Versenkung der Durga im Wasser
Die Statuen werden im Wasser versenkt.

Schließlich verlassen wir den Ort und fahren mit einem TukTuk zurück zur Unterkunft. Die Klänge der Trommeln schallen in meinen Ohren nach, mein Herz schlägt schnell. In meiner Hand liegt noch immer das rote Haarband mit den kleinen religiösen Zeichen und den goldenen Fransen. Ich lächle. Indien steckt einfach voller Überraschungen!

Fortbewegung in Bengaluru

Der Verkehr rund um Bengaluru ist im Vergleich zum südlich gelegenen Kochi schon deutlich chaotischer. Verkehrsmittel, auf die ich in Bengaluru verzichten würde, sind Bus und Taxi, da diese schnell im Stau stecken können. Mit dem TukTuk kommt man aber recht schnell und einfach voran und auch die Metro ist ein gutes und günstiges Transportmittel, um von A nach B zu kommen. Es gibt jeweils am Ende oder am Anfang des Zuges sogar exklusive Frauenwaggons.

Fortbewegung mit der Metro in Bengaluru
Metro fahren in Benguluru ist einfach

Bengaluru – Zwischen Tradition und Moderne

Indien ist generell bekannt für seine Kontraste. Gerade Bengaluru ist ein faszinierendes Beispiel für das Zusammenspiel aus Tradition und Moderne. Traditionelle Saris treffen auf Partyoutfits und Businesskleider, uralte Tempel und bröckelnde Hausfassaden auf die neumodische Architektur der neusten Technologie-Unternehmen. Busse fahren mit Elektromotoren durch Straßen, die aus allen Nähten platzen, weil etwas weiter vorne eine Kutsche mit zwei Kühen einen Stau verursacht.

Buddha in Bengaluru
Ein riesiger Buddha inmitten der Stadt

Mein unschlagbares Highlight war natürlich das Festival Durga Puja, aber die Stadt hat noch viel mehr zu bieten, sodass ein Tag in Bengaluru eigentlich zu wenig ist. Ich wäre gerne noch ein paar Tage länger geblieben und hätte noch weitere Sehenswürdigkeiten wie die Tempel oder die Festung von Sultan Tipu besucht. Eines steht jedoch fest: Unsere kurze Zeit in Bengaluru und die Offenheit der Einheimischen, ihre vielen bunten Kleider und lächelnden Gesichter, der gemeinsame Tanz und die Bedeutung von Durga Puja werden mir auf jeden Fall in Erinnerung bleiben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Close

freigereist

Blog für nachhaltiges Reisen

©2024 freigereist. All rights reserved.
Close