Sie gilt als beste Tageswanderung Neuseelands. Ganz genau 19,4 Kilometer lang erstreckt sich das Tongariro Crossing durch eine wunderschöne Vulkanlandschaft, die als Schauplatz sämtlicher Herr der Ringe Filme bekannt wurde. „Man kann nicht einfach nach Mordor spazieren“ – nunja, ganz so einfach ist es vielleicht nicht, aber man kann es ;-). Im Winter ist der Aufstieg allerdings nochmal eine andere Nummer als im Sommer. Wir haben es gewagt und haben das Crossing trotzdem im tiefsten Winter durchgezogen. Wir erzählen dir, welche Erfahrungen wir dabei gemacht haben und geben dir Tipps.
Springen wir also mal ein paar Monate zurück, um mit unserer Erzählung zu beginnen. Wir haben Rotorua hinter uns gelassen und befinden uns nun ganz in der Nähe des Tongariro Nationalparks. Für uns steht fest, dass wir Neuseeland nicht verlassen werden, ohne das Crossing gemacht zu haben.
Der richtige Touranbieter
Aufgrund ständig wechselnder Wetterverhältnisse und den damit verbundenen Gefahren ist die Wanderung im Winter nur mit Guide zu empfehlen. Wir buchen also eine Tour mit Adrift für 195 NZD pro Person. Der Preis beinhaltet bereits das Shuttle, die Ausrüstung sowie einen Gutschein für das Mieten von Kleidung und Schuhen, falls man selbst nicht warm genug ausgestattet ist. Das hinterlässt zwar ein großes Loch in der Reisekasse, wir freuen uns aber riesig auf das kommende Abenteuer.

Dann kanns ja los gehen, oder?
Tatsächlich brauchen wir einige Anläufe, bis die Wettervorhersagen gut genug scheinen um das Crossing anzutreten. Knapp eine Woche warten wir bereits, bis der Schnee endlich nachlässt und der Wind sich so dreht, dass wir von unserem Touranbieter für den Aufstieg am Samstagmorgen grünes Licht bekommen.
Die Nacht zuvor machen wir kaum ein Auge zu. Nicht nur, dass die Aufregung uns die ganze Nacht begleitet, es ist draußen auch so kalt, dass selbst der Tau unseres Atems im Campervan gefroren ist. Noch ehe ich mich fragen kann, wie viel kälter es oben in den Bergen später wohl noch werden wird, klingelt auch schon der Wecker. Nicht, dass wir ihn gebraucht hätten.
Als wir bei Adrift ankommen wird das Ausmaß der letzten Tour-Ausfälle ersichtlich: hunderte Menschen, deren Touren in den letzten Tagen ausgefallen sind wollen nun heute den Aufstieg in Angriff nehmen. Wir können uns nicht beschweren, schließlich haben auch wir die Tour ursprünglich an einem anderen Tag gebucht. Bemerkenswert ist hier, dass der Touranbieter trotz des hohen Besucheransturms Herr der Lage ist und das Fitting für die Ausrüstung super organisiert und ohne lange Wartezeiten abläuft.
Mit Spikes und Eisaxt bewaffnet werden wir mit dem Bus zum Mangatepopo Carpark gefahren, welcher gleichzeitig der Startpunkt des Trails ist. Dort angekommen werden wir in Gruppen von jeweils 10 Leuten eingeteilt und einem erfahrenen Guide zugewiesen. Wir erwischen eine bunte Truppe mit Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Unter uns eine Frau im Alter von 82 Jahren, die das Crossing zu unserem Erstaunen bereits zum 2. Mal bestreiten möchte. Unser Guide heißt Phil und kommt – wie soll es auch anders sein – aus Australien.

Im Abstand von jeweils 5 Minuten beginnen die Gruppen dann mit der Wanderung. Der erste Abschnitt bis zu den Soda Springs verläuft sehr angenehm über Holzstege an einem Bach entlang.


Bei guten Wetterverhältnissen kann man von hier sogar den Mount Taranaki in über 254 Kilometern Entfernung sehen. Wir haben Glück und können den schneebedeckten Berg in der Ferne erkennen. Phil erzählt uns dazu eine Geschichte der Maori.
Die Liebesgeschichte zweier Vulkane
Einer Legende nach stand der Mt Taranaki einst ebenfalls im Herzen der Nordinsel Neuseelands und lebte in Frieden mit den Vulkanen Tongariro, Ngauruhoe and Ruapehu zusammen. Eines Tages verliebte er sich in den weiblichen Vulkan Pihanga und kämpfte schließlich gegen seinen Rivalen Mt Tongariro um ihr Herz. Nach monatelangen Machtkämpfen musste er sich letztendlich geschlagen geben und mit ansehen, wie Tongariro um Pihangas Hand anhielt. Von Eifersucht und Schmerz geplagt entschied Mount Taranaki eines Nachts, sich von den anderen zu lösen und wanderte der aufgehenden Sonne entgegen. Seine Tränen bildeten dabei den heutigen Fluss Whanganui River. Die Maouri sagen, dass der Vulkan eines Tages zurück kommen wird, um erneut gegen Tongariro anzutreten.
Devils Staircase
Kurz nach den Soda Springs kommt die letzte Möglichkeit vor dem Aufstieg, um nochmal aufs Stille Örtchen zu gehen. Wir machen eine kurze Pause, schießen ein paar Erinnerungsfotos vor dem Mt. Ngauruhoe und ziehen bereits unsere erste Schicht Klamotten aus.

Dann warten die „Devils Staircase“ (Treppen des Teufels) auf uns. Ab hier kommen uns nun wieder Menschen entgegen, die den Aufstieg offensichtlich abgebrochen haben. Die 82 Jahre alte Frau übrigens führt unsere Gruppe an. Super motivierend. Was die kann, können wir schließlich allemal. Keuchend und hustend, aber wir können es.


Der Weg wird zunehmend eisiger und schon nach wenigen Metern müssen wir uns bereits die Spikes anziehen, um voran zu kommen. Immer wieder kommen kleine Steinchen und Eisbrocken von höheren Bersteigern herunter gerollt.

3 Stunden sind wir schon unterwegs, als wir den South Crater erreichen, der komplett mit Schnee bedeckt ist. Hier geht es nun 30 Minuten lang gerade aus, bis wir zu unserer Freude eine kleine Verschnaufspause einlegen dürfen. Wir bestaunen die Schneelandschaft und erkunden den Schauplatz des Films „Herr der Ringe“.


Phil zeigt uns derweil an einem Abhang, wie man die Eisaxt im Ernstfall richtig einsetzt. Dafür muss sich jeder von uns absichtlich hinunterfallen lassen und die Eisaxt zum anhalten in den Schnee rammen. Warum wir das gerade jetzt lernen, wird uns schnell bewusst, als Phil uns den weiteren Weg zeigt. Die kommende Steigung ist unserer Meinung nach mehr „Devil“ als die Staircase vornedran!
Vom South Crater zum Red Crater
Plötzlich müssen wir uns dann doch etwas beeilen, die Wetterverhältnisse am Gipfel ändern sich schlagartig. Zum Umdrehen sind wir schon zu weit, also beschließen wir gemeinsam mit unserem Guide der dunklen Wolkenfront zu trotzen und das Crossing durchzuziehen. Wir kämpfen uns langsamen Schrittes den Berg hinauf, links und rechts geht es steil herunter. Der Wind peitscht gegen das bisschen Gesicht, das wir zum Atmen frei gelassen haben. Es fühlt sich an wie tausend kleine Nadeln, die sich in Nase und Wange bohren. Auch 82-Jahre-Irmchen kommt nun leider nicht mehr hinterher. Wir müssen uns stark konzentrieren, einen Fuß vor den nächsten zu setzen. Der Blick ist starr nach unten gerichtet, die Abdrücke im Schnee weisen uns den Weg nach oben. Die Guides sind über Funk miteinander in Kontakt und teilen sich die Wetterverhältnisse mit.



Dann erreichen wir endlich den Red Crater. Was sollen wir sagen? Nun stehen wir also wirklich zum ersten Mal in unserem Leben auf einem Vulkan und schauen in ein großes Loch hinunter. Wir können es kaum glauben. An dieser Stelle ist der Mt. Tongariro im Jahr 2012 ausgebrochen. Der Krater schimmert heute immernoch Rot und qualmt leicht, als wäre es eben erst passiert. Überall sehen wir Lavabrocken herumliegen.


Kurze Zeit später erreichen wir den höchsten Punkt vom Tongariro Crossing auf 1886m Höhe und sind mächtig stolz. Wir haben es somit auf den höchsten Punkt der Wanderung geschafft. Höher gehts schonmal nicht mehr, aber dennoch liegen immernoch knapp 11 Kilometer Fußmarsch vor uns. Unsere Beine merken wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht, trotzdem fragen wir uns, wie wir das schaffen sollen.

Die bekannten Emerald Lakes bekommen wir an diesem Tag nicht zu Gesicht, weil sie komplett zugeschneit sind. Dafür aber eine wunderschöne Schneelandschaft und eine unglaublich tolle Aussicht über Neuseeland. Auch das Wetter ist mitlerweile wieder besser.

Nach einer kurzen Mittagspause (natürlich hatten wir wie schon an Silvester keine Gabeln für unseren Nudelsalat dabei – wir wären ja nicht Jesterontour wenn wir da mal dran denken würden) geht es über den Blue Lake wieder nach unten. Aber nicht so easy-peasy, nein – die Guides müssen vorher den Weg frei schaufeln, da wegen schlechten Wetters und Lawinengefahr schon ewig niemand mehr dort lang gelaufen ist.

Nach 2 weiteren Stunden legen wir eine letzte Pinkel-Pause an der Ketetahi Hütte ein. Im Winter ist diese verschlossen, bei einer Wanderung im Sommer kann man dort wohl aber drin übernachten. Der weitere Verlauf des Trails ist dann allerdings alles andere als spannend und zieht sich wie Gummi in Serpentinen hinunter.

Es dauert nochmal ganze 2,5 Stunden, bis wir den Ketetahi Carpark und somit das Ende des Crossings erreichen. Und das ist ein absoluter Gänsehaut-Moment: beim Erreichen des Parkplatzes wird man mit Applaus empfangen, die Leute jubeln und feiern, dass man die Strecke geschafft hat. Ja, man hat es geschafft. Wir haben es geschafft. Und beenden mit Tränen in den Augen unsere erste Bergsteiger-Erfahrung.

Fazit: Das Tongariro Crossing im Winter ist ein absolutes Erlebnis für sich, das man nicht auslassen sollte. Wir würden es immer wieder tun.
Unterkunft: Eine gute Unterkunft für das Tongariro Crossing ist die Alpine Lodge im Örtchen „Nationalpark“. Sparfüchse können dort für 10 NZD pro Nacht im Camper auf dem Parkplatz übernachten und alle Räumlichkeiten des Hostels nutzen, inklusive Netflix. Der Besitzer ist super herzlich und verdient es, mit seiner liebevoll eingerichteten Unterkunft weiterempfohlen zu werden.
Preise:
Tour mit Adrift: 195 NDZ p. P inkl. Ausrüstung und Shuttlebus
Übernachtung: 10 NZD p. P/Nacht
Bist du bereit für dein Abenteuer?
Danke das ihr mich gedanklich auf eure reise mitgenomnen habt
Auch von mir ein herzliches Dankeschön für die tolle Tour.
Wow, meine Hochachtung!
Liebe Grüße Gabriela
Wow was für schöne tolle Bilder. Sehr faszinierend ! Wir werden euch weiterhin verfolgen und freuen uns auf viele neue Berichte von euch. Liebe Grüße von Lisa ☺️ von https://www.machmaleineauszeit.de 🧖♀️🔥🥂 https://www.instagram.com/lisa_visit_the_world/
Wahnsinn, im Winter! Nicht schlecht, ich muss zugeben, ich habe den Crossing einmal im Sommer/Herbst gemacht und würde es auch wieder nur in dieser Jahreszeit machen.
Hi, Ihr 2,
ein sehr schöner Bericht mit Hammer-Fotos, insb. bei den ersten paar Bildern gefällt mir der Look sehr gut, nichts übertrieben, aber mich „Pep“.
Lustig, daß es auf der Wintertour trotzdem jemanden in kurzen Hosen gab 🙂
Wieterhin gute Reise, ich schau mal wieder rein, ich weiß, wie aufwendig schreiben von unterwegs ist….
Grüße
Christian
http://www.aconcagua.de