Die schönste Zugfahrt der Schweiz: Mit dem Bernina Express hoch hinaus

Du denkst, Bahnfahren ist langweilig und nur etwas für Öko-Reisende? Von wegen! Einmal mit dem Bernina Express fahren – dieser Wunsch steht wohl auf der Liste vieler Menschen, wenn sie die Schweiz besuchen. Denn der Bernina Express ist kein gewöhnliches Transportmittel. Im Dezember 2023 hatten wir die Gelegenheit, eine Hin- und Rückfahrt mit dem Express zu erleben. Die Panoramabahn, die mehrmals täglich die höchste Zugstrecke Europas befährt, führte uns von Chur in der Schweiz über die Alpen bis nach Tirano in Italien und wieder zurück. In mehreren Stunden konnten wir dabei die Landschaft der Schweiz ganz bewusst wahrnehmen und haben der Umwelt damit sogar noch etwas gutes getan. In diesem Blogartikel möchte ich meine Eindrücke und Erfahrungen teilen und dir alle wichtigen Informationen rund um die Fahrt mit dem Bernina Express geben.

Was ist der Bernina Express?

Der Bernina Express ist eine berühmte Panoramabahn in der Schweiz. In 4,5 Stunden überquert er den Bernina Pass (der mit 2.253 Metern über dem Meeresspiegel der höchste Punkt der Strecke ist) auf der 144 kilometerlangen Strecke von der Schweizer Stadt Chur bis nach Tirano in Italien. Sie gilt als eine der schönsten und aussichtsreichsten Zugstrecken der Welt. Deshalb wurde der Bernina Express 2008 in die UNESCO Welterbe-Liste aufgenommen.

Auf der Strecke im Schweizer Kanton Graubünden überwindet der Zug rund 1.800 Höhenmeter und passiert dabei 55 Tunnel und 196 Brücken. Darunter auch das berühmte Landwasser-Viadukt, welches sich in einer 65 Meter hohen Bogenspanne über eine Schlucht schwingt und das Kreisviadukt Brusio kurz vor Tirano. Das Besondere hierbei: Die Bahn überwindet die Steigung ohne Zuhilfenahme einer Zahnstange. Somit gehört sie nicht nur zu den höchsten, sondern auch zu den steilsten Adhäsionsbahnen der Welt.

Wie buche ich den Bernina Express?

Tickets für den Bernina Express bekommst du auf der Website der Rhätischen Bahn. Bei der Buchung musst du allerdings bedenken, dass zusätzlich zum Bahnticket eine kostenpflichtige Sitzplatzreservierung benötigt wird. Der Zug verkehrt täglich und ganzjährig. Solltest du eine Hin- und Rückfahrt am selben Tag machen wollen, empfehle ich dir, gleich den ersten Zug um 08:29 zu buchen. So kannst du es in Tirano etwas entspannter angehen. Kleiner Tipp: Achte bei deiner Buchung unbedingt auf die Fahrtrichtung und versuche, bei der Rückfahrt auf der anderen Seite zu sitzen, damit du alle Highlights einmal gesehen hast.

Was kostet der Bernina Express?

Eine einfache Fahrt von Chur nach Tirano kostet in der zweiten Klasse im Normaltarif CHF 66.00. Die Sitzplatzreservierung kostet je nach Saison nochmal zusätzlich zwischen CHF 32.00. und CHF 36.00. Mit Pässen wie Halbtax, Eurorail- und Interrail bekommst du die Tickets etwas günstiger.

Ich bin ehrlich: Eigentlich wollte ich Tobi die Fahrt mit dem Bernina Express zu Weihnachten 2023 schenken. Als ich aber bei der Buchung den Gesamtpreis für die Hin- und Rückfahrt sah, kamen mir fast die Tränen. Das war uns dann doch etwas zu teuer. Doch es war, als wollte das Schicksal uns ausnahmsweise mal etwas gutes tun und so entdeckten wir ein Spezialangebot für den Bernina Express. Diese werden von der Räthischen Bahn saisonweise immer mal wieder angeboten. Ich konnte meinen Augen kaum trauen, denn damit sollte uns die Fahrt mit dem Bernina Express von Chur nach Tirano und zurück insgesamt nur CHF 159 kosten. Im Preis inbegriffen war außerdem auch noch ein Mittagessen in einem Restaurant in Tirano.

Natürlich haben wir da sofort zugeschlagen und so konnte ich Tobi doch noch die schönste Zugfahrt der Schweiz schenken.

Mit dem Bernina Express von Chur nach Tirano

Karte der Strecke des Bernina Express von Chur nach Tirano

Wir hatten gleich den ersten Zug um 08:28 von Chur gebucht. Doch es war wohl einfach noch zu früh, denn Tobi fuhr auf der Autobahn erstmal kurzerhand an der Abfahrt Richtung Chur vorbei. (An dieser Stelle mal ein kleiner Tipp: Auf Schweizer Autobahnen niemals eine Abfahrt verpassen, wenn du es eilig hast. Sonst fährst du, so wie wir, kilometerweit bis zur nächsten Abfahrt und ärgerst dich zu tode.) Uns blieb also nichts anderes übrig, als erst am Bahnhof in Thusis zuzusteigen.

Kaum hatten wir unsere Plätze im Zug eingenommen fiel mir auf, dass der Wagen durch die großzügigen Panoramafenster viel heller und freundlicher wirkte, als ein gewöhnlicher Personenwaggon. Durch die riesigen Fenster hat man außerdem einen fantastischen freien Blick auf die vorbeiziehende Landschaft. Und die änderte sich auf der rund vierstündigen Fahrt stetig, sodass ich aus dem Staunen zeitweise gar nicht mehr herauskam.

Schinschlucht und Landwasserviadukt

Der Bernina Express fuhr zunächst durch die Schinschlucht (auch Schynschlucht geschrieben), bis er nach einer Weile schließlich schon das erste Highlight passierte: Das wunderschöne Landwasserviadukt. Zu meinem Bedauern saßen wir für eine freie Sicht auf das Viadukt aber leider auf der falschen Seite (in Fahrtrichtung links). Weiter geht es durch Wälder, über Brücken und durch unzählige Tunnel.

Dann wurde es so richtig spektakulär. Langsam aber stetig schlängelte sich der Bernina Express die Steigung nach oben in Richtung Alpen. Es war wie eine Reise durch ein Winterwunderland, vorbei an idyllischen Dörfern und wunderschönen Loipen, auf denen Langläufer ihre Bahnen zogen.

Es war, als stünde die Zeit vollkommen still, solange wir in diesem Zug unterwegs waren. Die Durchsagen im Bernina Express machten auf Sehenswürdigkeiten und Highlights entlang der Route aufmerksam und gaben interessante Einblicke in die Geschichte und die Besonderheiten der Bahn. Diese waren selbst für Technikmuffel wie mich spannend und unterhaltsam aufgebaut. Wir erfuhren unteranderem, dass der Zug in Pontresina je nach Richtung von Gleich- auf Wechselstrom oder umgekehrt wechselt. In der Vergangenheit musste dort sogar noch die Zugmaschine gewechselt werden. Schließlich erreichten wir Ospizio Bernina, dem höchstgelegenen Bahnhof der Rhätischen Bahn.

Alp Grüm und Palügletscher

An der Alp Grüm angekommen machte der Zug eine kurze Pause. Die Passagiere durften sogar aussteigen und Fotos machen. Wir genossen die Aussicht auf den Palügletscher im Hintergrund und bewunderten die wunderschöne Kulisse. Tobi ließ es sich nicht nehmen, den Bernina Express noch einmal von vorne zu fotografieren. Die Alp ist nur mit der Bahn erreichbar, eine Straße gibt es nicht. Ich versuchte mir vorzustellen, wie die Alp wohl im Sommer aussehen würde, verwarf den Gedanken aber schnell wieder. Zu schön war die schneebedeckte Landschaft um uns herum. Das hatte irgendwie etwas Besonderes.

Bernina Express Highlight: Die Hochebene

Nach 20 Minuten ging es weiter und die Bahn schlängelte sich langsam ihren Weg hinunter nach Tirano. Mein Highlight war die Hochebene mit einem zugefrorenem See. Hier befindet man sich im Herzen des UNESCO-Welterbes „Albula und Bernina“. Ich fühlte mich wie in einem Märchen, als der Zug über das Hochplateau fuhr. Und ich war nochmal ein Stück dankbarer, die Fahrt im Winter gemacht zu haben.

Je näher sich der Bernina Express der Grenze zu Italien näherte, desto wärmer wurde es. Mit jedem gefahren Kilometer wurde der Schnee weniger, bis er schließlich nicht mehr zu sehen war. Kurze Zeit später durften wir uns über eine kleine Schokoladenbox in Form des Bernina Express und einer Packung Eistee freuen, welche vom Zugpersonal an die Passagiere verteilt wurden. Am Ende fuhren wir noch über das Kreisviadukt von Brusio, einem kreisförmigen Viadukt mit rund 100 Metern Durchmesser, bevor sich der Zug durch die kleinen Gassen von Tirano windete und schließlich am Hauptbahnhof endete.

Ankunft in Tirano

Waren wir eben noch im Tiefschnee unterwegs, so warteten in dem italienischen Dorf Tirano schließlich frühlingshaft-mediterranes Wetter und Palmen auf uns. Wie surreal!

Unser Ticket aus dem Angebot enthielt ein Mittagessen in Tirano. Hierzu durften wir uns im Voraus eines der von der Rhätischen Bahn vorgegebenen Restaurants aussuchen und einen Tisch reservieren. Wir entschieden uns für das Parravicini, was fußläufig gut zu erreichen war.

Auf den Tickets war von „Pizzoccherri“ die Rede. Da das Angebot wie oben erwähnt im Vergleich zum Standardpreis unheimlich günstig war, vermuteten wir hierbei lediglich einen kleinen Snack. Also bestellten wir uns noch eine Vorspeise dazu. Letztendlich handelte es sich aber um eine regionale Spezialität mit Teigwaren aus Buchweizen- und Weizenmehl und Kartoffeln. Also ein Hauptgericht, das so groß war, dass ich es einpacken musste. So kann man sich täuschen, die Schweizer stehen eben für Qualität, auch bei Spezialangeboten. 😉 Übrigens: Wer noch nicht genug hat, der kann in den Sommermonaten mit dem Bernina Express Bus von Tirano weiter bis nach Lugano reisen.

Rückfahrt

Nach ca. 1,5 Stunden in Tirano mussten wir uns schon wieder von Tirano verabschieden und die Heimreise antreten. Schließlich ging es erneut vier Stunden über die gleiche Strecke mit dem Bernina Express zurück bis nach Chur. Aber es war nicht weniger langweilig. Der Mond stand bereits hoch über den schneebedeckten Alpenspitzen, und durch das Licht der untergehenden Sonne wirkte die Landschaft auf dem Bernina Pass und der Hochebene nun noch magischer als auf der Hinfahrt. Das einzige Manko an einer Fahrt im Winter ist, dass man die letzten zwei Stunden bis Chur schließlich durch die Dunkelheit fährt. Dennoch würde ich es genau so wieder machen.

Lohnt sich eine Fahrt mit dem Bernina Express?

Wer denkt, dass Reisen mit der Bahn langweilig ist, der irrt sich gewaltig. Das Zugfahren in der Schweiz ist sowieso schon ein Highlight für sich. Aber der Bernina Express legt tatsächlich nochmal eine Schippe oben drauf! Eine Fahrt entlang der schönsten Zugtrecke der Schweiz ist ein geniales Erlebnis, das man so schnell nicht vergisst. Zudem tut man der Umwelt auch noch etwas gutes und ist langsam, bewusst und nachhaltig unterwegs. Für mich war es eines der schönsten Erlebnisse in der Schweiz bisher. Die gigantisch schöne Landschaft entlang der Strecke ist einmalig, und die Fahrtzeit vergeht wie im Fluge. Ich empfehle bei der Buchung auf jeden Fall nach einem Spezialangebot zu schauen und, falls möglich, die Preise mit Angeboten wie Halbtax oder andere Pässen zu kombinieren. Übrigens: Dieser Artikel steht in keiner Kooperation zur Rhätischen Bahn. Es handelt sich hierbei um meine eigenen Erfahrungen und Meinungen.

Du bist noch etwas länger in der Schweiz und suchst noch etwas Inspiration? Wie wäre es mit einem Ausflug nach Basel? Eine völlig unterschätzte Stadt mit einer tollen Architektur, die wirklich sehenswert ist. Ein Besuch der Altstadt lohnt sich!

1 comment

  1. Die Region ist sowieso ein Einbahn- und Eisenbähnler-Paradies. Es lohnt sich nicht nur, die Augen nach Sondertarifen auszuhalten, sondern auch nach Sonderzügen. In Graubünden sind auf verschiedenen Strecken regelmässig historische Zugkompositionen unterwegs. Ich sah beim letzten Mal in der Region eine „Krokodil“ aus der Zwischenkriegszeit mit etwa 80 Jahre alten Wagen an mir vorbei rattern. Ausserdem gibt es im Sommer offene Passagierwagons, was natürlich zum Fotografieren sehr viel besser ist.

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